Entzückt über die "guten Möglichkeiten für Radfahren in Wien" zeigten sich die dänischen Diplomaten in Wien: Sie reisten zum Neujahrsempfang von Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf dem Drahtesel an. Nachsatz: "Die nachhaltige Mobilität sei ein Gebot in Hinblick auf Gesundheit und Klimaschutz.


Wie jedes Jahr tauschten viele Diplomaten die Geschäftskleidung gegen traditionelle Landestracht, etwa auch der britische Botschafter Leigh Turner, der im Schottenrock seinen letzten Neujahrsempfang als diplomatischer Vertreter eines EU-Staates in Wien absolvierte.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat die Kritik an der US-Außenpolitik bekräftigt, zugleich aber Interesse an einer Weiterentwicklung der Beziehungen zu den USA geäußert. Beim traditionellen Neujahrsempfang für die ausländischen Diplomaten in der Hofburg äußerte Van der Bellen am Dienstag etwa die Hoffnung, dass der US-Abzug aus Syrien nicht zu einer Verschärfung des Bürgerkrieges führe.

"Auch für Syrien muss es Hoffnung geben, auch die, dass der angekündigte Abzug der US-Truppen nicht zu neuer Instabilität oder gar Kampfhandlungen führt", sagte Van der Bellen, der auch sonst nicht mit Kritik an der umstrittenen Politik von US-Präsident Donald Trump hinterm Berg hielt - freilich ohne ihn direkt zu nennen. So beklagte er in seiner Rede vor Vertretern aus 129 Staaten "Nationalismus, Unilateralismus, Abwenden von universellen Rechtsnormen", den "Ausstieg aus multilateralen Vereinbarungen" sowie "das finanzielle Ausbluten internationaler Institutionen".

Rückendeckung für Iran

Als "von größter Wichtigkeit" bezeichnete Van der Bellen auch den Erhalt des von den USA mit Sanktionen bekämpften Iran-Atomabkommens (JCPOA), bei dem es sich um eine "Errungenschaft des gemeinsamen Dialogs auf Augenhöhe" handle. Explizit nannte er die USA im Zusammenhang mit der Klimapolitik. "Alle Menschen dieser Erde, egal ob sie in Österreich, Brasilien oder den USA leben, leben und atmen in derselben Atmosphäre", sagte er unter Erwähnung der beiden derzeit prominentesten Bremser in der globalen Klimapolitik. "Nationale Antworten greifen bei der Klimafrage viel zu kurz", spielte er an den umstrittenen Ausstieg Trumps aus dem Pariser Klimaabkommen an.

Distanz zu Russland

Van der Bellen schien auch bemüht, dem Eindruck einer zu großen Russland-Nähe Österreichs entgegenzutreten. Während er sich eher zurückhaltend für einen "konstruktiven Dialog" mit Moskau aussprach und die rege Besuchsdiplomatie zwischen Wien und Moskau im Vorjahr unerwähnt ließ, strich er im Fall der USA die Besuchskontakte explizit hervor. Das Vorjahr, in dem Wien und Washington 180 Jahre diplomatischer Beziehungen gefeiert hätten, sei "durch eine hohe Anzahl offizieller Besuche gekennzeichnet" gewesen, sagte Van der Bellen. "Wir arbeiten aktiv daran, unsere Zusammenarbeit auch im nächsten Jahr weiterzuentwickeln."

Wichtiges Jahr für EU

2019 sei "ein wichtiges Jahr für die Europäische Union", sagte er mit Blick auf den Brexit - verbunden mit dem Zusatz "Wenn er nun wirklich stattfindet" - , die Diskussion über die Zukunft der EU, die Europawahl und die Bildung der neuen EU-Kommission. "Die jüngsten Umfragen in der EU und in Österreich zeigen eine klare Trendwende in der öffentlichen Meinung: Das Vertrauen in die EU und der Optimismus sind europaweit im letzten Jahr deutlich gestiegen. Es ist wichtig, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen", bekräftigte Van der Bellen seine Warnung vor einer Stärkung des Nationalismus' bei der Europawahl.

Als EU-Ratsvorsitz habe sich Österreich "bemüht, als neutraler Vermittler zu agieren" und Verhandlungen in verschiedenen Bereichen "so weit wie möglich voranzubringen". "Wir haben unser Bestes gegeben, um der neuen Trio-Präsidentschaft - Rumänien, Finnland und Kroatien - ein wohlbestalltes Haus zu übergeben", so Van der Bellen, der dem aktuellen Vorsitzland Rumänien "alles Gute für seine verantwortungsvolle Aufgabe" wünschte.