Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) bereitet eine bundeseinheitliche Regelung vor, die eine "Anwesenheitspflicht" zwischen 22.00 und 6.00 Uhr sowie verstärkte Anwesenheitskontrollen vorsieht.

"Das muss man verlangen können von Menschen, die Schutz suchen und rund um die Uhr betreut werden", sagte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Sonntag in der ORF-Sendung "Im Zentrum". Nächtliche Zusammenrottungen, Herumlungern, exzessiver Alkoholkonsum und Gewalttaten könnten so verhindert werden. Eine Anwesenheitspflicht sei jedenfalls zumutbar und rechtlich machbar. Strache sprach von einer Hausordnung wie "beim Bundesheer" oder "in einer Kuranstalt".

Ausgehverbot versus Anwesenheitszeit

Niemand aus den Reihen der ÖVP argumentierte dagegen. Kanzler Sebastian Kurz höchstselbst hatte der FPÖ empfohlen, kein "Ausgehverbot" ins Auge zu fassen sondern den Umweg über die "Anwesenheitszeit" in "Hausordnungen" zu nehmen.

Im Netz wird nun gestritten darüber, ob eine solche Anwesenheitspflicht zumutbar, und auch unsere Userinnen und User diskutieren über die Frage, ob der Vergleich mit Bundesheer oder Kuranstalt zulässig ist.

Ein Versuch der Begriffsabklärung:

  • Ein Ausgehverbot wäre Freiheitsentzug, daher erteilte auch Kanzler Kurz dem blitzartig eine Absage. Ausgehverbote werden in der Regel nur im Rahmen von "Notverordnungen" erlassen, bei denen es, etwa im Kriegsfall, um die Sicherheit der Betroffenen geht, das Verbot also mit einem konkreten Zweck verbunden ist. Drohende Gefahren anderer Art, etwa im Falle hochansteckender Krankheiten oder einer konkreten Gefahr, die von der betroffenen Person ausgeht, können ebenfalls Ausgehverbote zur Folge haben. Alles andere wäre Freiheitsberaubung und ist innerhalb der österreichischen Verfassung nicht vorgesehen.
  • Hausordnungen können Anwesenheitszeiten vorsehen, was in Schulen, Lehrlingsheimen oder Internaten tatsächlich üblich ist. Hier geht es allerdings in aller Regel um den Jugendschutz bzw. um die "Aufsichtspflicht" über Minderjährige. Auch mit der Einhaltung der Nachtruhe können solche Anwesenheitszeiten begründet werden. Aber zum einen sind nicht alle Asylwerber, um die es gerade geht, in Heimen untergebracht (70 Prozent leben in Privatquartieren), und zum anderen kann es ihnen nicht grundsätzlich verboten werden, sich nach 22 Uhr im Freien aufzuhalten - siehe die Ausführungen zum Ausgehverbot.
  • Eine Anwesenheitspflicht gibt es ferner in Zusammenhang mit Berufen bzw. Arbeitszeiten, also dann, wenn eine bestimmte Dienstpflicht damit verbunden ist.
  • Beim Bundesheer gibt es den "Zapfenstreich", der militärische Gründe hat. Grundwehrdiener müssen zunächst um 22 Uhr in der Kaserne sein, weil das zu ihren Dienstpflichten gehört. Später wird in der Regel "Überzeit" gewährt und sie müssen erst eine Stunde vor Dienstbeginn wieder in der Kaserne sein.
  • In Kuranstalten oder Rehabilitationskliniken schließlich gibt es ebenfalls limitierte Ausgehzeiten, aber dort geht es darum, dass der Heilerfolg sicher gestellt wird.
  • Eine Anwesenheitspflicht nicht bezogen auf die Tages-Zeit sondern auf einen längeren Zeitraum bzw. auf den Ort gibt es bereits für Asylwerber: In den Quartieren wird täglich geschaut, ob die Leute da sind, denn nach drei Tagen unentschuldigter Abwesenheit verlieren die Asylwerber ihren Anspruch auf Grundversorgung. Eine Gebietsbeschränkung auf den Bezirk gibt es für Asylwerber, wenn ihr Antrag negativ beschieden wurde - man will damit vermeiden, dass sie vor der Abschiebung untertauchen.