Heute, Mittwoch, fiel  im Ministerrat der Startschuss zu einer mehrmonatigen Debatte über eine nachhaltige Absicherung der Pflege. Ganz bewusst wendet sich die Koalition diesem zentralen sozialen Thema zu, auch um  den Vorwurf zu entkräften, man sei auf die Migrationsfrage fixiert und habe kein Gespür für soziale Themen.

Die Herausforderung ist eine gewaltige: 950.000 Personen, also mehr als zehn Prozent, pflegen derzeit Angehörige zu Hause, 460.000 haben Anspruch auf Pflegegeld, 130.000 leiden unter Demenz. Bis 2030 dürfte die Zahl der über 80-Jährigen von derzeit fünf auf fast sieben Prozent steigen. Rund 4,6 Milliarden gibt der Staat derzeit für die Pflege aus, rund 2,6 Milliarden der Bund für das Pflegegeld und die 24-Stunden-Betreuung, 2,05 Milliarden entfallen auf die Länder.

"Daheim statt Heim"

Die Regierung will bis Ende des kommenden Jahres die Pflege auf neue Beine stellen. Geplant sind die Erstellung von Studien, parlamentarische Enqueten, Runde Tische, Konsultationen mit den Ländern und allen Betroffenen.

Das Motto von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein: "Daheim statt Heim." Die Pflege müsse sichergestellt sein, sie müsse hochwertig und menschenwürdig sein. Im Dialog mit den Systempartnern, mit Ländern, Gemeinden, Anbietern und Nicht-Regierungsorganisationen werde man fünf Themen bearbeiten:

  • Steuerung und Organisation: Dabei werde man sich am individuellen Bedarf des Einzelnen orientieren und die Systeme entsprechend aufstellen.
  • Pflegende Angehörige: Diese müssten besser unterstützt werden, bis hin zur Möglichkeit, einmal Urlaub zu nehmen von der Pflege.
  • Pflegepersonal: Das Image müsse verbessert werden, der Beruf für Jugendliche wieder attraktiver werden, Frauen eingeladen werden, nach den Zeiten der Kinderbetreuung wiedereinzusteigen.
  • Digitalisierung: Hier gehe es um Unterstützung und Hilfsmittel, um "assisted living", auch um eine Hotline für pflegende Angehörige.
  • Finanzierung: Mittels einer Studie werde man herausfinden, welche Art der Finanzierung, welche Art von Anreizen, auch steuerlicher Art,  für die Pflege daheim sinnvolle sind.

Zweckwidmung der Tabaksteuer?

Offen ist allerdings die Frage der Finanzierung. In einem Punkt legt sich die Regierung bereits jetzt fest: Eine Erbschafts- oder Schenkungssteuer zur Finanzierung der Pflege wird im Masterplan dezidiert ausgeschlossen. Denkbar sind die Einführung einer Pflegeversicherung, die allerdings den Nachteil mit sich bringt, dass dadurch die Lohnnebenkosten steigen, oder eine Zweckwidmung bestimmter Steuereinnahmen (etwa die Tabaksteuer).

In jedem Fall soll der im Regelfall ungleich günstigeren, aber auch humaneren Pflege daheim Vorrang vor der stationären Pflege gegeben werden. Bei der 24-Stunden-Pflege soll eine Betreuungskraft künftig mehrere Personen (in einem Wohnheim für betreutes Wohnen) betreuen können- Das freiwillige soziale Jahr soll auf die häusliche Pflege ausgeweitet werden. Auch soll eine Pflege-Hotline eingeführt werden.