Das Sozialministerium will das EuGH-Urteil berücksichtigen und einen verfassungskonformen Vorschlag für eine Neuregelung vorlegen, kündigte der Sprecher von Ministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) an. Die Opposition fühlt sich durch das EuGH-Urteil in ihrer Kritik bestätigt.

ÖVP und FPÖ drängen jedoch weiterhin auf eine Reform der Bestimmungen. Sie setzen auf eine bundesweite Regelung, teilten sie in einer gemeinsamen ersten Reaktion mit. ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer und FPÖ-Klubobmann Herwig Mahr stellten fest: "Die Entscheidung des EuGH nehmen wir zur Kenntnis." Sie betonten aber, dass sie sich politisch weiterhin zu einer Reform der Mindestsicherung, zu mehr Arbeitsanreiz und Leistungsgerechtigkeit bekennen. Eines ihrer zentralen Ziele hätten sie in jedem Fall erreicht. Aus Oberösterreich sei mit dem konsequenten Vorangehen der nötige Anstoß für eine strengere bundeseinheitliche Regelung gegeben worden, die noch im November präsentiert werden soll.

Die beiden Parteien wollen das Urteil des EuGH genau analysieren und verweisen darauf, dass sich auch die Verfassungsjuristen der Republik Österreich in ihrer Stellungnahme an den EuGH eindeutig für das oö. Modell ausgesprochen hätten. Geprüft habe er die seit 2016 in Oberösterreich geltende Differenzierung bei der Mindestsicherung zwischen befristet Asylberechtigten auf der einen und dauerhaft Asylberechtigten sowie österreichischen Staatsbürgern auf der anderen. Nicht betroffen sei die seit 2017 geltende Deckelung.

Eine von der Regelung betroffene afghanische Familie hat dagegen Beschwerde eingereicht, ihr Anwalt argumentiert, dass die oberösterreichische Rechtslage europarechtswidrig sei. Das Landesverwaltungsgericht (LVwG) wandte sich diesbezüglich an den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dieser sollte klären, ob laut EU-Richtlinie befristet Asylberechtigte so zu behandeln sind wie subsidiär Schutzberechtigte oder wie Personen mit dauerhaftem Asylstatus bzw. österreichische Staatsbürger.

Während das LVwG der Ansicht ist, dass befristet Asylberechtigte wie österreichische Staatsbürger zu behandeln seien, stützte der Verfassungsdienst des Bundes die oberösterreichische Regelung. Die EU-Richtlinie stehe einer nationalen Regelung nicht entgegen, die "hinsichtlich der Modalitäten der Leistungsgewährung" zwischen dauerhaft und vorerst vorübergehend aufenthaltsberechtigten Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten "insofern differenziert, als auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der jeweiligen Personengruppe Bedacht genommen wird".

Die schwarz-blaue Regierung in Oberösterreich sah in der Kürzung der Mindestsicherung für befristete Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte einen wesentlichen Beitrag, die Attraktivität ihres Bundeslandes als Zielgebiet für Flüchtlinge zu senken und das Sozialsystem vor Überforderung zu schützen.