Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) wird zumindest vorerst nicht auf die Forderung der Liste Pilz eingehen, den Vertrag zum König-Abdullah-Zentrum zu kündigen. Sie habe der Einrichtung eine "dunkelgelbe Karte" gezeigt und warte jetzt auf Reformen, sagte die Ressortchefin Donnerstag in der Beantwortung des "Dringlichen Antrags" im Nationalrat. SPÖ und Neos hatten sich der Forderung nach Schließung des Zentrums angeschlossen.

Wie schon in der "Fragestunde" am Vormittag betonte Kneissl, mit dem Generalsekretär des Zentrums ein sehr klares Gespräch geführt zu haben und eine zügige Umsetzung von Reformen eingefordert zu haben - etwa eine Erweiterung der Vertragspartner (derzeit sind es nur Österreich, Spanien und Saudi Arabien, Anm.) sowie ein Ende der finanziellen Abhängigkeit von Riad.

Kneissl ersuchte um Zeit für ihre diplomatischen Aktivitäten abseits der Öffentlichkeit. Als Schwerpunkte dessen, wofür sie sich einsetze, nannte sie:

  • Politische Unterstützung für die Frauen und für die Opposition in Saudi-Arabien
  • Humanitäre Hilfseinsätze im Jemen, wobei auch dort der Fokus auf politischen Lösungen liege, denn nur so könnten Hunger und Cholera letztlich bekämpft werden
  • Keine Waffenstopps vorerst, wobei Kriegsmaterial ohnehin schon seit dem Jahr 2015 nicht mehr in die Region exportiert werde
  • Keine Aufenthaltstitel für allfällige nach Österreich strebende Mitglieder des Killerkommandos in Istanbul oder des dortigen saudi-arabischen Generalkonsulats
  • Die Reformen innerhalb des Auftritt des Abdullah-Zentrums, mit Blick insbesondere auf den Dialog zwischen Sunniten und Schiiten, um den innerislamischen Krieg einzudämmen

Dass sie auf die Ermordung des Regimekritikers Jamal Khashoggi in der saudischen Botschaft in der Türkei zu spät reagiert habe, bestritt Kneissl. Sie sei eine Woche schneller gewesen als viele anderen europäischen Hauptstädte. Auch habe sie sofort ihre für Mitte Dezember geplante Reise nach Saudi Arabien abgesagt.

Dringlicher Antrag der Liste Pilz

Die Ermordung Jamal Khashoggis sollte für Österreich Anlass sein, das so genannte König-Abdullah-Zentrum in Wien zu einer Schließung zu bringen. Diese Position hatte die Liste Pilz vertreten und bringt im Nationalrat einen entsprechenden "Dringlichen Antrag" eingebracht. Das Zentrum wurde 2012 eröffnet und ist seit jeher umstritten, weil es vor allem von Saudi-Arabien finanziert wird.

Anspielend auf den Fall Khashoggi schreibt die Liste Pilz in ihrer Begründung für den "Dringlichen": "Wer Kritiker verhaften, foltern und ermorden lässt, kann nicht zur gleichen Zeit Partner eines 'Dialogs' über Menschenrechte und Religionsfreiheit sein."

Argumentiert wird, dass sich die Menschenrechtslage in Saudi Arabien seit der Gründung des Zentrums sogar noch verschlechtert habe. Verwiesen wird etwa auf den Fall des regimekritischen Bloggers Raif Badawi, der 2014 wegen Betreibens einer liberalen Website und seinem Plädoyer für die Religionsfreiheit zu zehn Jahren Haft, 1.000 Peitschenhieben und der Zahlung einer hohen Geldstrafe verurteilt worden sei.

Trennen von einem "Feigenblatt"

SP-NAbg. Andreas Schieder gab seinem Vorredner Reinhold Lopatka (ÖVP) recht, dass es grundsätzlich keine Alternative zum Dialog gebe, schränkte aber ein: "Wenn man den Eindruck gewinnt, dass das Zentrum nicht dem Dialog dient, sondern ein Feigenblatt geworden ist, dann muss man sich als Republik Österreich fragen, ob wir dort gut aufgehoben sind." Es habe sich kein Vertreter des König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) kritisch zu den Menschenrechtsverbrechen geäußert, so Schieder.

Auch NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper trat dafür ein, das Übereinkommen zu kündigen. Das Zentrum sei eine "Schminke für Saudi-Arabien", um sich trotz Menschenrechtsverletzungen eine "schöne Visage" zu verpassen. In Richtung ÖVP sagte sie, es sei kein "ehrliches Argument", dass die Verträge nicht zu kündigen seien.

Sie verwies darauf, dass selbst Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Jahr 2015 (damals noch als Außenminister) mit dem Abzug des Zentrums aus Wien gedroht habe, sollte es nicht zu tief greifenden Reformen kommen. "Wie lange will man zusehen?"

Letzte Chance bis Juni

FPÖ-Mandatar Roman Haider bestätigte zuvor, dass seine Fraktion mit dem Zentrum nicht glücklich ist. "Wir Freiheitlichen haben sowohl gegen das Abkommen zur Errichtung gestimmt als auch gegen die Zuerkennung des Status als internationale Organisation." So einfach sei ein Ausstieg aus den Verträgen aber nicht, betonte der FP-Mandatar. "Wir müssen uns überlegen, wie wir mit diesem schweren Erbe umgehen. Zusperren geht nicht so einfach, dem stehen zwei Abkommen gegenüber." Man sei daher auch international gebunden, bekomme das Zentrum "nicht so einfach weg". Außenministerin Kneissl mache daher das einzig richtige: "Geben wir dem Zentrum eine letzte Chance" - und zwar bis Juni, so Haider.

"Brücken rascher abgebrochen als aufgebaut"

ÖVP-Abgeordneter Reinhold Lopatka stellte sich klar hinter Kneissl: "Von unserer Seite gibt es volle Unterstützung für die von der Außenministerin vorgeschlagenen Vorgangsweise." Er betonte vor allem die Notwendigkeit des Dialogs, allen Widrigkeiten zum Trotz und zitierte unter anderem den ehemaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer, der sich für Dialog ausgesprochen hatte: "Brücken sind rascher abgebrochen als wieder aufgebaut."

Das KAICIID sei eine "Brücke, die auf wackeligen Beinen steht, aber wir haben eine Brücke", sagte Lopatka und erinnerte daran, dass auch die SPÖ für die Errichtung gestimmt hatte.