Heimatvertriebene“ nannte Chefredakteur Hubert Patterer im Scherz die Gäste, die am Mittwochabend die Räume der Kleinen Zeitung in Wien zum „Salon“ machten. Menschen mit Bezügen zu Kärnten oder/und der Steiermark kamen, um zu hören, was die beiden Landeshauptleute Peter Kaiser (SPÖ) und Hermann Schützenhöfer (ÖVP) miteinander verbindet, was sie trennt und was sie zur Bundespolitik zu sagen haben.

Verbindendes fand sich viel. Beide arbeiten in einer Koalitionsvariante, die auf Bundesebene gescheitert ist: der sogenannten Großen Koalition. Beide erhoffen große Dinge von der Vollendung des Koralm-Bahntunnels. Nur die Parteifarbe könnte bei Hermann Schützenhöfer besser sein, fand Kaiser scherzhaft. Es gebe keine Aufnahmesperre in der SPÖ. Dagegen sprächen seine Grundsätze, wehrte Schützenhöfer das Angebot höflich ab.

Ob Kaiser nicht fürchte, dass die beklagte Landflucht der Jugend aus Kärnten durch die Koralm-Verbindung noch stärker werde, fragt Antonia Gössinger, Chefredakteurin der Kärntner Kleinen Zeitung. „Wir müssen eben attraktiver für andere werden“, findet dieser. Man könne nicht einerseits von den Menschen mehr Mobilität verlangen und sie beklagen, wenn sie negative Folgen haben könnte.

Zum Ende von Rot-Schwarz im Bund sagt Schützenhöfer selbstkritisch: „Beide haben dazu beigetragen, dass niemand mehr diese Kombination wollte - nur ja nicht mehr Schwarz-Rot.“ Das sei die Rechnung dafür gewesen, dass man einander dauernd widersprochen habe. Dass die Wiener Koalition die Arbeit mit der SPÖ im Land nicht einfacher mache, gab Schützenhöfer zu. Auch rede der freiheitliche Parteichef Mario Kunasek „recht aggressiv“ über beide Regierungsparteien. Da müsse man sich manchmal „die Zunge abbeißen, nichts zu sagen“. Kaiser gestand die Schwierigkeiten seiner Partei im Umgang mit der Oppositionsrolle offen ein. „Es ist schwierig, sich umzugewöhnen.“ Die Zusammenarbeit im Land erleichtere eine Vereinbarung mit der ÖVP, bundespolitische Fragen aus dem Koalitionsabkommen auszusparen. „Alles andere wäre töricht.“

Auf die Frage nach den Wunden, die Christian Kerns plötzlicher Abschied von der SPÖ-Spitze ihm, seinem Förderer, geschlagen habe, antwortet Kaiser: „Ich schätze Christian Kern und werde das auch weiter tun.“ Von der Art des Abgangs aber sei er „irritiert, sehr irritiert“ gewesen. Ein „medienpolitisches Waterloo“ nennt Kaiser den Vorgang. Ob Kern tatsächlich SP-Kandidat für die EU-Wahl sein werde, beantwortete Kaiser so: „Darüber entscheidet der Parteitag, alles andere wäre Kaffeesudlesen.“

Schadenfreude angesichts der Nöte der SPÖ kenne er nicht, erzählt Schützenhöfer, die habe er im Jahr 2005 abgelegt, „fürs Leben“. Damals sei die siegreiche SPÖ mit Fackeln vor die ÖVP-Zentrale gezogen. Ihm sei „die Ohnmacht in die Glieder gefahren“. Die Schwäche der Opposition im Bund bedauert Schützenhöfer: „Die Regierung lebt davon, dass es keine Opposition gibt.“ Ob das heiße, sie sei nicht so gut, wie sie gerne von sich sagt? „Das habe ich nicht gesagt“, widerspricht Schützenhöfer. Mit Kern habe er ein „solides“ Verhältnis gehabt, mit Sebastian Kurz krache er immer wieder zusammen. „Es ist nicht so, dass die Jungen automatisch alles besser wissen“, sage er ihm dann.

„Ich schätze den immensen Fleiß des Herrn Bundeskanzlers“, sagte Kaiser. Respekt habe er verloren, als Kurz die mit Kern getroffene und von allen Ministern unterzeichnete Vereinbarung nicht einhielt. „Das kann man verzeihen, aber nicht vergessen.“ Besonders kritisch sehe er den „Stil des Drüberfahrens“, sagte Kaiser.

Das wäre eine schwere Prüfung“, hatte Schützenhöfer vor der Wahl über eine mögliche Koalition mit der FPÖ zur Kleinen Zeitung gesagt. Konfrontiert mit dem Zitat formuliert er nun: „Man kann sich die Koalitionen nicht immer aussuchen.“ Zum Vorwurf, Kurz schweige zu oft, sagte Schützenhöfer: „Man kann in einer Koalition nicht immer alles kommentieren, wenn man will, dass was weitergeht.“ Seine einzige Sorge sei, dass die Regierung die Reformen nicht durchsetzen könne. „Reformen, die nicht wehtun, sind keine. Da warte ich noch“, formulierte Schützenhöfer. Es war Kaiser, der der Regierung zur Seite sprang: „Manche Wirkung wird erst in einiger Zeit spürbar“, das zu sagen gebiete die politische Fairness. Auch sein Lob für den Sportminister Strache überraschte aus dem Mund des Kärntner SPÖ-Chefs. Mit Sozialministerin Hartinger-Klein arbeite er auch gut zusammen. Was ihn störe, sei die „Sündenbockpolitik“ der Regierung.

Zum vor zehn Jahren verunglückten Jörg Haider sagte Kaiser, sein Vorvorgänger habe Verdienste, aber zugleich alles instrumentalisiert, um als Person wiedergewählt zu werden. Schützenhöfer nannte Haider eine widersprüchliche Persönlichkeit, die viel bewegt hat. „Gott hab' ihn selig.“