Journalistengewerkschaft und Journalistenorganisationen üben heftige Kritik an Überlegungen des FPÖ-geführten Innenministeriums, kritischen Medien nur mehr die gesetzlich nötigsten Polizeiinfos zukommen zu lassen und den Fokus in der medialen Polizeiarbeit stärker auf Ausländerkriminalität zu richten. Die Journalistengewerkschaft sieht darin eine "gefährliche Grenzüberschreitung".

Politiker aller Parteien werden deshalb dazu aufgefordert, umgehend Stellung gegen diesen Angriff auf die Pressefreiheit zu beziehen. Dies müsse einen "Aufschrei der demokratischen Öffentlichkeit" zur Folge haben, erklärte GPA-djp-Vorsitzende Barbara Teiber. "Der Innenminister sollte sich vergegenwärtigen, dass er und seine Dienststellen von Steuergeldern finanziert werden und es deshalb auch ihre Pflicht ist, die Öffentlichkeit umfassend und objektiv zu informieren. Alles andere ist ein Abgleiten in eine Informationspolitik, die wir aus Diktaturen und autoritären Regimen kennen", so Teiber.

Eine freie Presse sei die Basis für eine starke Demokratie. Jeder Versuch, die Pressefreiheit einzuschränken, sei ein Versuch die Demokratie einzuschränken, hieß es in der Erklärung weiter. "Wer die Demokratie einzuschränken versucht, hat in einer Demokratie als Politiker und erst recht als Mitglied der Bundesregierung keinen Platz", sagte Eike-Clemens Kullmann, Vorsitzender der Journalistengewerkschaft in der GPA-djp.

"Besonders Bundeskanzler Sebastian Kurz und Medienminister Gernot Blümel sind gefordert, das Mitglied der Bundesregierung zur Ordnung zu rufen sowie umgehend ein Bekenntnis zur uneingeschränkten Pressefreiheit abzugeben", so Kullmann. Die Journalistengewerkschaft appellierte auch an die Zivilgesellschaft wachsam zu sein, denn wer in der Demokratie schläft, der wacht in einem autoritären System auf.

"Etwas zu verbergen?"

Die Vereinigung Reporter ohne Grenzen sprach in einer Aussendung von einem systematischen Angriff auf Pressefreiheit und Demokratie. "Das ist eine unglaubliche, nicht hinzunehmende Einschränkung der Pressefreiheit", erklärte die Vorsitzende von Reporter ohne Grenzen Österreich, Rubina Möhring. "Innenminister Kickl muss zurücktreten. Kritische Medien sind wichtiger Teil jeder Demokratie, kein Gegner, der mit gezielter Zurückhaltung von Informationen in Schach gehalten werden muss. Wer Medien derart einschränken und ungleich behandeln will, hat etwas zu verbergen und lebt ein autoritäres Denken, das in einer Demokratie nichts zu suchen hat", so Möhring.

Zahlreiche Journalistinnen und Journalisten berichteten, dass ihre Anfragen an das Innenministerium monatelang nicht oder nur spärlich beantwortet würden. Das Ministerium beruft sich dabei laut Möhring oft auf das Informationsfreiheitsgesetz. Auch das sehe aber eine Beantwortung ohne Aufschub vor. Die Landespressestellen, die im Mail angesprochen wurden, antworteten bisher allerdings rasch. Das soll wohl geändert werden, glaubt Möhring. Dass hier gezielt eingegriffen werden soll, ist für Reporter ohne Grenzen Österreich eine bisher nicht gekannte Medienkontrolle. "Das ist ein systematischer Angriff auf die Pressefreiheit, die Rechtsstaatlichkeit und die Demokratie. So ein Vorgehen kennen wir sonst nur aus autoritären Staaten."

Voraussetzung für Kontrollfunktion

Kritik kam auch vom Public Relations Verband Austria (PRVA). "Glaubwürdigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Offenheit sind wesentliche Werte einer professionellen Öffentlichkeitsarbeit gerade auch im Umgang mit kritischen Medien. In einer Demokratie müssen vor allem öffentliche Institutionen alle Medien gleichberechtigt informieren. Das ist die Grundlage für unabhängige Information der Bevölkerung und dafür, dass die Medien ihre Kontrollfunktion wahrnehmen können", betonte PRVA-Präsidentin Julia Wippersberg.

"Zensur geht gar nicht"

Die Kommunikationspolitik des Innenministeriums wurde auch von etlichen Journalistenorganisationen wie dem Presseclub Concordia, der Initiative Qualität im Journalismus (IQ) oder dem Österreichischen Journalisten Club (ÖJC) kritisiert. Concordia-Präsident Andreas Koller bezeichnete die Empfehlungen des Ministeriums an die Polizeidienststellen im Ö1-"Mittagsjournal" als "absolut unerträglich". Journalisten hätten die Aufgabe, die Öffentlichkeit zu informieren, Zensur auszuüben, gehe da gar nicht, meinte Koller.

"Hofberichterstattung erwünscht"

"Der Eindruck entsteht, dass sich das Innenministerium Hofberichterstattung wünscht. Wer zu kritische Fragen stellt, wird ausgeschlossen", erklärte IQ-Vorsitzende Ingrid Brodnig. "Das Ministerium unter Führung von Herbert Kickl zeichnet sich durch eine unbehagliche Medienpolitik aus - das reicht von der Personalbesetzung bis zur Kommunikationslinie.

"In unserer Demokratie müssen Ministerien auch kritische und unliebsame Fragen aushalten: dass das Innenministerium einzelne Medien vom Kommunikationsfluss abschneiden möchte, ist nichts Geringeres als ein Angriff auf die Medienfreiheit", so Brodnig. Die Initiative zeigte sich in einer Aussendung solidarisch mit jenen Medien, die vom Innenministerium ausgegrenzt werden sollen.