Die derzeit vorliegenden Vorschläge des Bundes zur Kinderbetreuung sind für Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) "so nicht umsetzbar". Am meisten Kopfzerbrechen bereite ihm die lange Reihe an Kriterien für die Mittelvergabe. Diese führten zu einer Verbürokratisierung, seien "praxisfern" und "hoffnungslos überzogen", sagte Wallner am Freitag. Seit Mittag findet zur Bund-Länder-Vereinbarung eine Verhandlungsrunde auf Beamtenebene statt.

Der Bund verlange nicht durchführbare Kontrollen und Standards, meint Wallner. So würden etwa die Qualifikationsanforderungen hochgeschraubt, dabei sei dafür das Personal gar nicht vorhanden. Zielvorgaben, wie etwa dass die Betreuungsquote pro Bundesland und Jahr um zwei Prozentpunkte wachsen soll, seien in der Praxis in dem Tempo nicht erfüllbar. Standards bei Sprachstandfeststellungen sollen laut Bund bereits ab Herbst gelten. "Das geht in dem Tempo unmöglich", so der Landeshauptmann. Erst lasse man die Länder monatelang warten, jetzt mitten in der Sommerzeit komme der Bund mit nicht umsetzbaren Vorschlägen, kritisierte der Landeshauptmann. "Da sind wir in den Bundesländern schon sauer", so Wallner, der auf Gespräche mit anderen Landeshauptleuten verwies.

Vorentwurf muss überarbeitet werden

Der Vorentwurf müsse jedenfalls "gründlich neu überarbeitet" werden. Die Abholung der Mittel solle möglichst unbürokratisch gestaltet und die Bereiche Kindergarten und Kleinkindbetreuung klar getrennt werden. Er glaube, dass sich der Bund noch bewegen werde. Bei den am Freitag gestarteten Verhandlungen auf Beamtenebene müssten die Länder aber jedenfalls ein "starkes Signal" senden, "wir müssen uns schon artikulieren".

"Nicht so der Angelpunkt" ist für Wallner dagegen die in Aussicht gestellte Höhe des Bundesbeitrags von 110 Mio. Euro, obwohl dieser 30 Mio. Euro unter dem bisherigen liegt. "Es ist nachvollziehbar, dass eine möglichst hohe Beteiligung des Bundes wünschenswert ist, diese Forderung unterstützen wir. Aber es ist ein guter Beitrag, mit dem man im Ausbau weiterarbeiten kann", sagte Wallner. Vorarlberg sei jedenfalls bereit zu Verbesserungen. Angesprochen auf die relativ kurzen Öffnungszeiten der Kinderbetreuungen in Vorarlberg - 56 Prozent haben weniger als acht Stunden täglich geöffnet - räumte Wallner ein: "Da kann man schon noch mehr tun". Dafür liege man beim Betreuungsschlüssel im Bundesvergleich gut.

Das zuletzt noch in die 15a-Vereinbarung zur Kinderbetreuung hineinreklamierte Kopftuchverbot stößt bei Wallner auf Unverständnis, denn das habe eigentlich mit der Kinderbetreuung nichts zu tun. Es gebe bisher keine verfassungskonforme Gesamtregelung dazu, hier sei der Bund "mehr als nur säumig". Während der Bund etwa in den Bundesschulen in der Sache nichts tue, würden von den Ländern Sanktionen in ihren Bereichen gefordert. "Hier schiebt der Bund die heiße Kartoffel an Länder und Gemeinden ab", folgerte der Landeshauptmann. In Vorarlberg gebe es dazu außerdem "null Beschwerden, das stellt kein Thema dar".

Auch Oberösterreichs LH verärgert

Auch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer ist verärgert über die Vorgehensweise des Bundes rund um die Bund-Länder-Vereinbarung zur Kinderbetreuung: Nicht nur, dass den Ländern 30 Millionen Euro weniger Geld zur Verfügung gestellt wird, sondern auch die Verknüpfung mit dem Kopftuchverbot im Kindergarten gefalle ihm nicht. „Ich halte ein Kopftuchverbot für junge Mädchen im Kindergarten für eine sinnvolle Maßnahme um Diskriminierungen zu beseitigen und Chancengleichheit herzustellen. Aber was hat das eine, also Geld für die Kinderbetreuung, mit dem Kopftuchverbot zu tun?“, wundert sich Stelzer und weiter: „Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe und gehören als solche auch gesondert verhandelt und besprochen. Ich erwarte mir eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.“

Kritisch sieht Stelzer auch die vom Bund geplanten Kriterien für die Auszahlung der Mittel an die Bundesländer. „Das geht an der Realität und an den Bedürfnissen vollkommen vorbei, insbesondere in einem Flächenbundesland wie Oberösterreich. Wir sind in der Vergangenheit gut damit gefahren, uns an den Bedürfnisse der Eltern orientieren. Was der Bund hier als Kriterienkatalog vorschreibt, können nur Großstädte, aber mit Sicherheit nicht die Mehrheit der Gemeinden in Oberösterreich erfüllen.“

Verwundert zeigt sich LH Stelzer auch über ein weiteres Schriftstück das bei den Bundesländern eingetroffen ist. Für die Landeslehrer-Controllingverordnung, einer Verordnung die regelt wie die Kostentragung für die Landeslehrer/innen aussieht, wurde ein neuer Entwurf übermittelt, der erhebliche finanzielle Nachteile für die Bundesländer bringen kann. „Es ist nicht nur eine Frage des Stils vorher mit den Bundesländern zu reden, diese Vorgehensweise ist rechtlich auch klar im Finanzausgleichsgesetz geregelt“, schließt Stelzer.