Sozialministerin Beate Hartinger (FPÖ) hat sich Mittwochvormittag den Delegierten des ÖGB-Bundeskongresses gestellt. Begleitet war ihre Rede von Protesten der Gewerkschaftsjugend. Einige von deren Repräsentanten postierten sich direkt vor Hartinger, mit verklebten Armen und Mündern - Aktionismus gegen die Abschaffung der Jugendvertrauensräte.

Der vorsitzführende Chef der Bau/Holz-Gewerkschaft, Josef Muchitsch, hatte vor Hartingers Rede ausdrücklich um Fairness gebeten, sei diese doch bereit gewesen, am Kongress teilzunehmen. Zuvor waren der Eröffnung des Kongresses am Dienstagabend die Vertreter der Wirtschaftskammer (übrigens im Gegensatz zur Industriellenvereinigung) sowie große Teile der Bundesregierung ferngeblieben.

Außer dass Zettel hochgehalten wurden, die sich gegen die Abschaffung der Jugendvertrauensräte und für eine Ansiedlung einer EU-Arbeitsbehörde aussprachen, verhielt sich das Auditorium durchaus fair. Selbst Applaus kam hin und wieder bei Hartingers Ausführungen auf und am Ende von deren Rede schüttelte eine der verklebten Jugendlichen der Ministerin sogar die Hand.

"Primitives Verhalten"

Im Nachhinein gab es dennoch viel Polemik. Der "linke Narrensaum" innerhalb des ÖGB habe offenbar Narrenfreiheit und müsse sich besonders in Szene setzen, kritisierte der Fraktionschef der Freiheitlichen Arbeitnehmer im ÖGB, Bundesrat Bernhard Rösch. Man versuche, die eigenen Defizite offenbar durch besonders primitives Verhalten gegenüber den obersten Organen der Republik zu kompensieren.

Katzians Drohungen

Der designierte künftige ÖGB-Chef Wolfgang Katzian hat Regierung und Wirtschaftskammer unverhohlen mit Kampfmaßnahmen gedroht. Gleichzeitig kündigte er bei einer Art Wahlrede für seine morgige Kür zum ÖGB-Präsidenten eine Strukturreform des Gewerkschaftsbundes an. Ambitioniert sein Ziel: Er will ein paar zehntausend mehr Mitglieder.

Katzian betonte, dass der ÖGB gesprächs- und verhandlungsbereit sei, wenn auf Augenhöhe verhandelt werde: "Wenn nicht, werden wir uns anderweitig Gehör verschaffen. Das ist sicher."

Wann man in den Kampfmodus umschaltet, ließ Katzian offen, machte aber klar, dass es nicht dann sein wird, wenn es die Regie der Koalition vorsieht: "Wir werden kämpfen, wann wir es wollen und wie wir es wollen und dann, wenn es nicht erwartet wird und wir werden es dort tun, wo es besonders effektiv ist." Angesichts von freiheitlicher Empörung über den Protest der Gewerkschaftsjugend bei der Kongress-Rede von Sozialministerin Beate Hartinger (FPÖ) meinte der designierte ÖGB-Chef: "Denen werden die Guck aufreißen, wenn sie sehen, wie wir wirklich im Kampfmodus sind."

Ohne ihn namentlich zu nennen, übte Katzian auch deutliche Kritik am neuen Wirtschaftskammer-Präsidenten Harald Mahrer, der ja gestern der Eröffnung des Kongresses ferngeblieben war und sich zuletzt des öfteren über die Gewerkschaft entrüstet gezeigt hatte. Katzian dazu: In den letzten Wochen habe es Aussagen gegeben, die ihn daran zweifeln ließen, dass alle an der Weiterentwicklung der Sozialpartnerschaft interessiert seien. Es möge aber sein, dass so mancher Neuling noch nicht wisse, wie Sozialpartnerschaft funktioniere. Diese werde zwar auch einmal einen "Wickel" aushalten, "aber es gibt klare Grenzen der Zumutbarkeit" und die sollten auch nicht überschritten werden: "Weil häkerln können wir uns selber."

Der eigenen Organisation gibt der künftige Präsident ambitionierte Ziele vor. Angesichts dessen, dass man 2016 und 2017 erstmals seit vielen Jahren dazu gewonnen hat, schöpft Katzian Optimismus für die Zukunft. Er wolle nicht nur ein paar tausend neue Mitglieder sondern ein paar zehntausend.

Ein weiteres Vorhaben von Katzian ist, den ÖGB zu öffnen und Bündnispartner zu finden. Hier schweben ihm etwa Kooperationen mit Ärztekammer, Wissenschaft und NGOs vor.

Inhaltlich definierte Katzian noch einmal die roten Linien des ÖGB: eine starke Sozialversicherung, kein Hartz IV und kein genereller 12-Stunden-Tag. Ferner sei entschieden gegen Rassismus vorzugehen und Frauen eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen: "Wer die besten will, kann auf Frauen nicht verzichten."