Die Regierung hat ihre Vorstellungen zur bundeseinheitlichen Neugestaltung der Mindestsicherung präsentiert. Als Grund für die Reform, die im Herbst beschlossen werden soll, nannten Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache den Wunsch, stärkere Anreize für Integration und Arbeit zu setzen. Außerdem will man Anreize, in den Österreichischen Sozialstaat einzuwandern, beseitigen. Die Regierung geht davon aus, dass ihre Reform auch vor dem Verfassungsgerichtshof standhalten wird.

Die von der Regierung geplanten Kürzungen für Kinder bei der Mindestsicherung sorgte für harsche Kritik. "Keiner Mindestpensionistin geht es besser, wenn es einer kinderreichen Familie schlechter geht", erklärte Caritas-Präsident Michael Landau. "Menschen gegeneinander auszuspielen halte ich für gefährlich. Wer Österreich liebt, spaltet es nicht." Sprachkurse zu kürzen und gleichzeitig Sprachkenntnisse als Bedingung an Sozialleistungen zu knüpfen, mache keinen Sinn", so Landau.

Da dieser das Niederösterreichische Mindestsicherungsmodell aufgehoben hat, kommt die dort vorgesehene Deckelung der Mindestsicherung bei 1500 Euro für Familien und Wohngemeinschaften nicht mehr vor. Anstelle dessen setzt man auf eine Einschleifregelung. Das heißt, dass für das erste Kind höchsten 25 Prozent von 863 Euro bezahlt wird, für das zweite noch 15 Prozent und ab dem 3. Kind nur noch höchstens fünf Prozent von 863 Euro. Alleinerziehende sollen besser gestellt werden, sie erhalten für das erste minderjährige Kind maximal 100 Eruo, für das zweite, maximal 75 Euro.

Außerdem plant die Regierung einen sogenannten „Arbeitsqualifizierungsbonus“ von 300 Euro. Konkret heißt das, dass die volle Höhe der Mindestsicherung von 863 Euro nur ausbezahlt wird, wenn zumindest Deutschkenntnisse auf B1-Niveau nachgewiesen werden können, die Integrationsvereinbarung unterzeichnet und der Wertekurs absolviert wurde. Die Sprachkenntnisse soll der Integrationsfonds bestätigen. Werden diese Kriterien nicht erfüllt, werden nur 563 Euro ausbezahlt.

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Kritik kommt auch aus der Bundeshauptstadt, dort pocht man auf Gespräche zwischen Bund und Ländern. "Ich gehe davon aus, dass der Bund uns Länder zu Gesprächen einlädt, wie sich das gehört", sagte Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Montagnachmittag der APA: "Wir sind ja nicht Erfüllungsbuben oder Erfüllungsmäderl der Bundesregierung." 

Wer aus dem EU-Ausland zu uns kommt oder aus Drittstaaten, muss fünf Jahr warten, ehe er einen Anspruch auf Mindestsicherung erwirbt, sieht auch die geplante Regelung der Regierung vor. Die EU ermögliche zwar, in allen Mitgliedsstaaten zu arbeiten, nicht aber, sich das beste Sozialsystem auszusuchen, begründete Bundeskanzler Kurz die Entscheidung. Eine ähnliche Regelung in Niederösterreich hatte der Verfassungsgerichtshof allerdings aufgehoben.

ÖVP-Klubobmann August Wöginger kündigte auch an, die Regelung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ändern zu wollen. Derzeit sei es Arbeitskräften aus EU-Ländern möglich, bereits nach einem Arbeitstag Anspruch auf Arbeitslosengeld zu erwerben. Diese Frist will die Regierung auf drei Monate verlängern.

Dass Kinder künftig deutschlich weniger Sozialhilfe bekommen sollen, stieß auch bei Hilfsorganisationen auf scharfe Kritik. Der Vorschlag zur Mindestsicherung "ist ein Bekenntnis zu Verschärfung von Kinderarmut", meinte etwa Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger.

Auch die Armutskonferenz warnte davor, dass die Chancen der betroffenen Kinder weiter verschlechtert werden und betonte zudem, dass nicht nur bei Flüchtlingen gestrichen werde. "Wir haben gerade die aktuellen Zahlen für Niederösterreich bekommen. Nur jede siebente von den Kürzungen betroffene Person ist asylberechtigt.

Die Existenzkürzungen betreffen also in erster Linie 'Hiesige' und schon längst Dagewesene", hieß es in einer Aussendung. SOS Mitmensch bezeichnete die geplanten Kürzung sei als "Angriff auf die soziale Stabilität in Österreich".