Die SPÖ rückt nach links. In einer Präsidiums- und Vorstandsitzung hat die SPÖ heute Mittag den Entwurf zu einem neuen Grundsatzprogramm verabschiedet. In dem 65-seitigen Papier, das der Kleinen Zeitung vorliegt, geht die SPÖ auf Distanz zum Dritten Weg, der die Politik von Tony Blair, Gerhard Schröder  geprägt hat. Auf die Frage, ob er sich mit der Zuschreibung anfreunden könne, dass es „links von Kern keinen Platz“ geben soll, meinte SPÖ-Chef Christian Kern in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten. „Ja, wenn Sie es so schreiben, habe ich nichts dagegen.“ Das Programm soll am Parteitag im Oktober beschlossen weden.

Neues SPÖ-Programm setzt auf Arbeit und Umweltschutz

Außerdem will sich die SPÖ von einer „Funktionärspartei“ verabschieden. Politische Funktionen sollen auf zehn Jahre beschränkt werden, ein Verbleib in der Politik ist durchaus möglich, allerdings bedarf es einer Zweidrittelmehrheit. Betroffen davon wären etwa Sozialdemokraten wie Andreas Schieder oder Evelyn Regner, sollten sie für die EU-Wahl kandidieren. Ermöglicht wird auch eine Urwahl des Parteivorsitzenden, zehn Prozent der Mitglieder können Abstimmungen verlangen, Koalitionsabkommen müssen in jedem Fall von der Basis abgesegnet werden.

Was Kern damit bezweckt? „Das Herz der Sozialdemokratie schlägt nicht am Ballhausplatz, sondern an den Ziegelteichen am Wienerberg“, so der Parteichef. „Mein Ziel ist nicht die Nummer eins bei Umfragen, sondern dass die SPÖ in den nächsten Jahren zur progressiven Kraft im Land wird.“

Auffällig ist, dass Kern sogar von Ansätzen, die der Plan A enthalten hatte, komplett abrückt. Einem 12-Stunden-Tag oder Studienbeschränkungen werden klare Absagen erteilt. Stattdessen überwiegt klassenkämpferische Rhetorik, vom „Abwehrkampf gegen die neoliberale Demontage des Sozialstaates“  und der Überwindung des „entgrenzten kapitalistischen Systems“ ist in dem Papier, das am Parteitag im Oktober beschlossen werden soll, die Rede. „Die österreichische Sozialdemokratie versteht sich als Befreiungsbewegung.“

Österreich als "Einwanderungsgesellschaft"

Konkret spricht sich die SPÖ für eine Arbeitszeitreduzierung (Kern bringt den Vier-Tage-Woche ins Spiel), eine Maschinensteuer („ Roboter sollen den Sozialstaat finanzieren“), eine Absage an Studiengebühren, am Selbstbehalt und umfangreichen Pensionsreformen aus. Die Forderung nach einem arbeitslosen Grundeinkommen hat man, so Kern, nach langen Debatten nicht ins Programm aufgenommen.  

Nur in der Integrationspolitik schlägt die SPÖ neue Töne an. Zwar wird Österreich als „Einwanderungsgesellschaft“  bezeichnet, die SPÖ fordert allerdings ein Erlernen der deutschen Sprache, sperrt sich gegen eine Politisierung der Religion, warnt vor einem Überhandnehmen patriarchaler Strukturen und fordert ganz allgemein, dass „Ängste beim Namen genannt“ werden.

"Gestörtes Verhältnis zu Demokratie"

Ohne die ÖVP von Sebastian Kurz beim Namen zu nennen, finden sich in dem Papier scharfe Formulierungen über die Regierungspartei. "Unsere Grundwerte stehen im Gegensatz zu allen rechtskonservativen Bewegungen, die ein gestörtes Verhältnis zur Demokratie haben und Sympathien für autoritäre Regierungsformen, Diktaturen und eine rassistische Politik erkennen lassen."