1 Wie viel gibt Österreich für Familien aus und wo liegt das Land im internationalen Vergleich?

Die letzte Vergleichsstudie der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), der 35 Staaten angehören, stammt aus dem Jahr 2011. Österreich liegt knapp über dem Durchschnitt (2,6 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes), gleich hinter Deutschland. Führend sind Irland, Großbritannien, Luxemburg und Frankreich, die über vier Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für die Förderung von Familien ausgeben. Österreich schüttet fast die gesamte Förderung als Direktzahlungen aus, Dienstleistungen machen einen geringen Anteil aus und nahezu nichts wird über Steuererleichterungen gewährt. Das soll sich nun ändern.

2 Was wird bisher in Österreich gefördert?

Alle Förderungen aufzuzählen, würde den Platz bei Weitem sprengen. Grundlage ist die Familienbeihilfe, die nach der Zahl der Kinder variiert. Darüber hinaus gibt es steuerliche Absetzmöglichkeiten. Länder und Gemeinden fördern zusätzlich noch.

3 Wie funktioniert die Familienbeihilfe?

Mit der Geburt des ersten Kindes bekommt die Familie monatlich 111,80 Euro, ab drei Jahren sind es 119,60 Euro monatlich, ab 10 Jahren 138,80 Euro und ab 19 Jahren 162 Euro im Monat. Für weitere Kinder erhöht sich dieser Betrag: Bei zwei Kindern steigt er um 13,80 Euro, bei drei Kindern um 51 Euro, bei vier Kindern um 104 Euro, bei fünf Kindern um 157 Euro monatlich.

4 Welche Formen der steuerlichen Vorteile für Familien mit Kindern gibt es bisher?

Der Kinderfreibetrag verringert die Berechnungsgrundlage für die Steuerleistung um 440 Euro im Jahr. Machen ihn beide Elternteile geltend, beträgt der Freibetrag für jeden je 300 Euro. Die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten in Höhe von 2300 Euro pro Jahr kann für Kinder bis zum 10. Lebensjahr geltend gemacht werden. Der Aufwand muss aber belegbar sein. Den Steuervorteil kann also nicht geltend machen, wer seine Kinder zu Hause selbst erzieht und daher keine Kosten nachweisen kann. Der Alleinverdienerabsetzbetrag von 364 Euro im Jahr verringert ebenfalls die Berechnungsgrundlage für den Steuerzahler. Er kann geltend gemacht werden, wenn der Partner nicht mehr als 6000 Euro im Jahr verdient, und er steigt mit jedem Kind. Der Kinderfreibetrag bringt im günstigsten Fall bis zu 300 Euro, die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten bis zu 1150 Euro. Der geplante „Familienbonus“, ein Steuerabsetzbetrag von 1500 Euro übersteigt die Summe dieser Beträge.

5 Was ist der Familienbonus, den die Regierung anstelle von Kinderfreibetrag und der Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten einführen will?

Ab 2019 sollen Familien für jedes Kind bis zum 18. Lebensjahr jährlich um 1500 Euro entlastet werden. Der Bonus verringert nicht wie die beiden bisherigen Maßnahmen die Bemessungsgrundlage, aufgrund deren die Steuerschuld berechnet wird, sondern die effektive Steuerlast. Die Regelung nutzt Besserverdienern mehr als die Absetzbeträge. Beträgt die Steuerschuld weniger als 1500 Euro im Jahr, zahlt der oder die Betroffene gar nichts mehr.

6 Wie viele Kinder sind davon betroffen?

Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) spricht von 700.000 Familien und 1,2 Millionen Kindern, die von der geplanten Maßnahme profitieren. Das wären mehr als zwei Drittel aller Kinder – laut Statistik Austria 1,741.630. 60.000 Alleinverdiener verdienen nicht genug, um überhaupt Steuern zu zahlen. Sie haben von der Maßnahme daher nichts. Die Regierung will für diese Gruppe über andere Förderinstrumente nachdenken. Ob diese bereits im morgigen Ministerrat vorliegen werden, ist allerdings noch unklar. Auch zur Förderung studierender Kinder, die in den bisher vorliegenden Plänen nicht berücksichtigt sind, will die Regierung eigene Förderungen ausarbeiten.

7 Wie reagierte die Opposition auf die geplante Maßnahme?

Die SPÖ spricht von „reiner Steuerförderung für die Reichen“, da gerade die untersten Einkommensschichten von dem Bonus nicht profitieren, weil der Bonus als Absetzbetrag konzipiert sei, argumentiert Budgetsprecher Jan Krainer. Allerdings haben von den beiden Maßnahmen, die durch den Familienbonus ersetzt werden, auch nur Familien profitiert, die Steuern zahlen.

8 Wann soll die neue Regelung in Kraft treten?

Die Förderung soll im Jänner 2019 wirksam werden. Vor der Sommerpause noch will die Regierung das neue Gesetz beschließen. Im Ministerrat wird die Gesetzesvorlage allerdings noch nicht vorgelegt, sondern nur eine Grundsatzeinigung darüber, dass auch für jene Gruppen Förderungen ausbezahlt werden sollen, die im ursprünglichen Entwurf nicht betroffen waren.

9 Welche politische Steuerungswirkung hat der Familienbonus?

Anders als die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten, die nur wirksam wird, wenn tatsächliche Betreuungskosten anfallen, begünstigt der Familienbonus auch jene Familien, die ihre Kinder zu Hause selbst betreuen, bei denen also einer der beiden Partner nicht arbeitet.

10 Wie viel kostet die Förderung, und wie viel kostete die durch die Neuregelung ersetzte?

Finanzminister Löger rechnet mit Kosten von 1,5 Milliarden Euro. Bei dieser Rechnung sind allerdings noch nicht die Zahlungen für Kinder über 18 Jahre und für jene Familien dabei, die keine Steuern zahlen. Die durch den Familienbonus ersetzten Förderinstrumente kosteten lediglich ein Fünftel. Der Finanzminister spricht daher von einem „Prestigeprojekt“ der neuen Regierung für das Jahr 2018.

11 Wie sieht die Gegenfinanzierung aus?

Finanzminister Löger hat angekündigt, „im System“, also in Ministerien, Verwaltung und in ausgelagerten Bereichen 2,5 Milliarden Euro einsparen zu wollen. Neue Schulden schloss er aus.

12 Kann der Familienbonus auch für Kinder geltend gemacht werden, die im Ausland leben?

Für jene 132.000 Kinder, die in EU- und EWR-Staaten leben, kann der Bonus nicht geltend gemacht werden. Für die meisten von ihnen will die Regierung auch die Familienbeihilfe an die Lebenserhaltungskosten des Landes anpassen, also meist senken.