Im Fokus der Personalspekulationen stehen derzeit die Ministerposten, konkret 14 an der Zahl (Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache sind fix gesetzt). Die neue Regierung muss in den nächsten Wochen und Monate allerdings Dutzende andere Rochaden im staatlichen oder staatsnahen Bereich vornehmen. Eine türkis-blaue Umfärbung steht bevor. Zu den einzelnen Bereichen:

Verfassungsgerichtshof. Am drängendsten ist wohl die Lage beim Verfassungsgerichtshof, Präsident Gerhart Holzinger sowie die Richter Rudolf Müller und Eleonore Berchtold-Ostermann (beide SPÖ-nahe) treten mit Jahresende ab, weil sie die Altersgrenze von 70 überschritten haben.

Die FPÖ hat ihr Interesse an zwei der drei Stellen angemeldet, als Holzinger-Nachfolger sind die ÖVP-nahen Verfassungsrichter Christoph Grabenwarter und Georg Lienbacher im Gespräch, die FPÖ könnte Rüdiger Schender, Andreas Hauer oder Michael Rohregger als Richter in Stellung bringen. Hoffnungen auf den Chefposten hatte sich auch die EU-Richterin Maria Berger gemacht, wegen der neuen Farbenlehre ist die ehemaligen SPÖ-Justizminister ohne Chancen. Für eine mehrwöchige Übergangszeit wird wohl Vizepräsidentin Brigitte Bierlein die Amtsgeschäfte übernehmen.

Generalstab. Mitte nächsten Jahres geht Generalstabchef Othmar Commenda formell in Pension, de facto dürfte er schon im Februar oder in März den Schreibtisch räumen. Wer ihm nachfolgt, hängt davon ab, ob die ÖVP (Wolfgang Sobotka ist derzeit der Favorit) oder die FPÖ den Verteidigungsminister stellt. VP-Favorit ist Rudolf Striedinger, FP-Kandidat Robert Brieger.

Nationalbank. Ende August erreichen Präsident und Vizepräsident der Nationalbank, Claus Raidl (ÖVP-nahe) und Max Kothbauer (SPÖ-nahe), das Alterslimit. Wer ihnen folgt, ist völlig unklar. Vor dem Sommer war spekuliert worden, Ex-ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner könnte seinem Parteifreund Raidl beerben. Gouverneur Ewald Nowotny tritt erst im August 2019 ab.

EU-Institutionen. Ende 2018 läuft das Mandat der österreichischen Richterin am Luxemburger EU-Gerichtshof Maria Berger, schon im Frühjahr beginnt die Ausschreibung. Im Herbst 2019 endet die Amtsperiode von EU-Kommissar Johannes Hahn. Ob der ÖVP-Politiker von seinem Parteifreund Sebastian Kurz noch einmal verlängert wird, ist fraglich. Angeblich macht sich der scheidende Agrarminister Andrä Rupprechter Hoffnungen auf das Amt. Zum Zug könnte auch Othmar Karas kommen. Bei den anderen europäischen Instiutionen (Europäische Investitionsbank mit Wilhelm Molterer, Rechnungshof mit Oskar Herics, Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg) stehen vorerst keine Entscheidungen an.

ORF. Größer fallen die Rochaden im ORF aus. Jene vier Stiftungsräte, die der SPÖ zugerechnet werden, darunter Dietmar Hoscher und Heinz Lederer, müssen im Frühjahr ihre Koffer packen, ähnliches droht den vier SPÖ-nahen Publikumsräten, die auf Vorschlag des Bundeskanzler gewählt werden. Ihren Sessel müssen auch die Stiftungsräte der Grünen (Marie Ringler) und des Team Stronach (Günter Leitold) räumen, den beiden folgt ein Vertreter der Liste Pilz (Peter Pilz kann es wegen der Cooling-off-Periode für amtierende Politiker nicht übernehmen) sowie ein Vertreter der ÖVP nach. In Summe können Türkis und Blau neun Posten neu besetzen.

Ob ORF-Chef Alexander Wrabetz im Amt bleibt, ist eine völlig andere Frage. In türkis-blauen Kreisen schließt man eine Ablöse nicht aus, denkbar wäre auch eine Verbreiterung der Geschäftsführung mit zwei, drei, vier Vertretern. Ein Insider warnt aber vor einer raschen Entscheidung mit verblüffender Offenheit: "Das würde dann an Orban erinnern."

Universitäten. Die Amtsperioden der 140 Universitätsräte enden Ende Februar - bis dahin muss die Regierung rund 60 neue Personen bestellen. Bald danach laufen aber schon wichtige Fristen etwa für die Genehmigung der Leistungsvereinbarungsentwürfe ab. Insgesamt müssen an allen 22 Universitäten die Räte neu besetzt werden. Dafür wählen die jeweiligen Senate der Unis zwei, drei oder vier Personen in "ihren" Rat. Die Regierung nominiert dann (auf Vorschlag des Wissenschaftsministers) pro Uni eine gleich große Anzahl.

Volksanwaltschaft. Bis Juni 2019 sind die Volksanwälte Peter Fichtenbauer (FPÖ), Gertrude Brinek (ÖVP), Günther Kräuter (SPÖ) im Amt. Die drei größten Parlamentsparteien haben automatisch Anspruch auf die drei Volksanwälte, eine Umfärbung findet in der Volksanwaltschaft deshalb nicht statt.

Staatsnahe Betriebe. Beim Verbund läuft der Amtszeit des vierköpfigen Vorstands Ende 2018 ab. Zwei der vier Vorstände (Hannes Sereinig undGünther Rabensteiner, die auch als SPÖ-nahe gelten) haben dann das Alterslimit erreicht. Ob Verbundchef Wolfgang Anzengruber und Finanzvorstand Peter Kollmann verlängert werden, ist offen. Auch die ÖBB könnte in Zuge einer kompletten Restrukturierung des Unternehmens umgefärbt werden, im Sommer bereits enden die Mandate von Valerie Hackl und Evelyn Palla.

Kultur. Kulturminister Thomas Drozda und sein Vorgänger Josef Ostermayer haben in den letzten Jahren in den staatsnahen Kulturinstitutionen die Spitzenjobs (für mehrere Jahre) neu besetzt bzw. Verträge verlängert, darunter Staatsoper (Bogdan Roscis ab 2020), Burgtheater (Martin Kusej ab 2019), Kunsthistorisches (Eike Schmidt ab 2019), Naturhistorisches (Christian Köberl bis 2020), Albertina (Klaus Schröder bis Ende 2019), Belvedere (Stella Rollig seit 2017), Technisches Museum (Gabriele Zuna-Kratky bis Ende 2019),