Die Debatte um Zusammenlegungen von Krankenkassen und die angekündigte Studie des Sozialministeriums ist für Thomas Szekeres "ein bisschen ein Zirkus". Da würden die Roten versuchen, schwarze Kassen aufzulösen und die Schwarzen rote Kassen zusammenzulegen. "Das kann es nicht sein. Im Fokus sollte nicht die Macht einzelner Organisationen stehen sondern der Patient." Er würde zwar strukturelle Änderungen unterstützen, meinte der Ärztekammer-Präsident im Apa-Gespräch. Aber es sei eher zweitrangig, wie die Kassen organisiert seien, wichtig sei, was sie für die Patienten anbieten.

Hier unterstützt Szekeres die Bestrebungen des Hauptverbandes, die unterschiedlichen Leistungen der Kassen zu harmonisieren. Der Ärztekammer-Präsident warnt dabei vorsorglich vor einer Nivellierung nach unten und er hat auch die Befürchtung, dass unterschiedlichen Tarife für die Ärzte nach unten angepasst werden könnten.

Seine frühere Forderung nach einer Auflösung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger relativierte Szekeres. Der Hauptverband habe damals "einiges ziemlich verbockt" - etwa das Mammographie-Screening oder das Mystery-Shopping. Seine Forderung sei damit im Zusammenhang gestanden. Wenn der Hauptverband nun eine sinnvolle Koordination hinbekomme, "muss man ihn nicht auflösen", meinte Szekeres. Gleichzeitig sagte er aber auch: Als Dachorganisation sei der Hauptverband "nicht unbedingt ein Muss", man könnte seine Aufgaben etwa auch ins Gesundheitsministerium verschieben.

Primärversorgung "nicht praxistauglich"

Eine neue Primärversorgung der Patienten befürwortet der Ärztekammer-Präsident, das beschlossene Gesetz ist seiner Ansicht nach aber "nicht wirklich praxistauglich". Er hält es für zu kompliziert. Seiner Ansicht nach sollten Kassenärzte eine Rückkehrmöglichkeit bekommen, bis der Kredit für das Primärversorgungszentrum abgezahlt ist. Außerdem wünscht er sich eine Finanzierung von Lehrpraxen durch die öffentliche Hand und die Möglichkeit für Ärzte, andere Ärzte anzustellen. Letzteres sei gescheitert, "weil es keine Mehrheit im Parlament gefunden hat, und da kann die Ärztekammer nichts dafür."

Den Plan, bis 2021 75 Primärversorgungseinheiten zu errichten, hält Szekeres für "sehr ambitioniert". Das hänge auch von den Rahmenbedingungen ab. Eine große Herausforderung sei die Finanzierung, wenn es Förderungen gibt, werde es leichter. Eine Empfehlung der Standesvertretung, sich für eine PV-Einheit zu bewerben oder es nicht zu tun, werde es nicht geben, versicherte der Präsident. Für die Ärzte sei das eine Frage der Attraktivität. Die Möglichkeiten im Team zu arbeiten oder für Teilzeitmodelle vor allem für Frauen hält Szekeres durchaus für Vorteile. Umgekehrt müsse aber das wirtschaftliche Risiko kalkulierbar bleiben.

Für die Verhandlungen über den notwendigen Gesamtvertrag gibt es noch keinen Termin. Szekeres macht aber schon klar, dass für die selbe Leistung auch das gleiche bezahlt werden müsse wie in einer Einzelordination. Und Zusatzleistungen müssten auch zusätzlich finanziert werden. Der Präsident sieht darin auch die Möglichkeit, die Honorarordnung grundsätzlich zu überdenken, "weil die Honorare lächerlich niedrig sind und zu Massenordinationen führen". Vor allem die Hausärzte sollte man seiner Ansicht nach besserstellen. Wiener Allgemeinmediziner würden pro Patient im Quartal 45 Euro Umsatz machen. Das sei mit ein Grund, warum es immer weniger Kassenärzte gebe.

Um dem drohenden Ärztemangel zu begegnen und die Kassenverträge attraktiver zu machen, fordert Szekeres aber nicht nur mehr Geld, sondern auch eine Ausweitung des Spektrums, das Allgemeinmediziner anbieten dürfen. Zudem wünscht er sich Förderungen von Ländern und Gemeinden für die Errichtung bzw. Ausstattung von Ordinationen. Derzeit sind mehr als 60 Kassenstellen unbesetzt, weil sich keine Ärzte dafür finden. Der Ärztekammer-Präsident wirft den Sozialversicherungen aber auch eine Reduzierung der Kassenstellen trotz wachsender Bevölkerung vor. Deshalb müssten die Patienten in den privaten Bereich ausweichen. Die steigende Zahl der Wahlärzte liegt für Szekeres darin und in der mangelnden Attraktivität der Kassenverträge begründet. Die Folge davon: "Es wäre naiv zu sagen, es gibt keine Zwei-Klassen-Medizin."

Die Elektronische Gesundheitsakte ELGA lehnt der Ärztekammer-Präsident nicht generell ab. "Wir sind keine Maschinenstürmer, wir sind nicht pauschal dagegen." Seiner Ansicht nach stimmt aber nach wie vor die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht und er sieht immer noch Sicherheitsprobleme. Zudem müsse die usability und die Suchfunktion verbessert werden. Szekeres bestätigte jedoch, dass dazu konstruktive Gespräche mit Hauptverbands-Chef Alexander Biach laufen. Der Präsident beharrt auch darauf, den Ärzten die Zusatzkosten zu ersetzen. Und für die demnächst startende E-Medikation ist eine Anschubfinanzierung eine "conditio sine qua non".

Das beschlossene Foto auf der E-Card begrüßt Szekeres, er wünscht sich aber weitere Zusatzunktionen. So sollten etwa Allergien, chronische Krankheiten oder die Blutgruppe darauf vermerkt sein.