Inszenierung war bei der mit großen Erwartungen versehenen Rede wie bei Kern üblich groß geschrieben. Das Auditorium in der Welser Messe-Halle 21 war als eine Art Arena aufgebaut, flankiert war diese von drei überdimensionalen rot-weiß-roten Fahnen. Kern spazierte auf einer roten Scheibe rund um einen Tisch, sprach per Headset und über weite Strecken frei. Egal, welches Thema der Kanzler ansprach, stets war es versehen mit menschelnden Einschüben. Von Erika bis Lisa kam in Erzählungen so manche problembetroffene Österreicherin indirekt zu Wort.

Für die eigene Basis und auch jene, die der SPÖ den Rücken gekehrt haben, schickte der Parteivorsitzende zu Beginn seiner Rede ein ausführliches "Mea culpa" voraus: "Nicht ihr habt euren Weg verlassen, wir haben unseren Weg verlassen. Es ist nicht eure Schuld, es ist unsere." Daher wolle er sich "für diese Enttäuschungen entschuldigen".

Christian Kern stellte in Wels seinen „Plan A“ für Österreich vor

Fast zwei Stunden Plan A . . .

Danach folgten fast zwei Stunden "Plan A", also jenes Konzept, mit dem Kern den von ihm schon zu Beginn seiner Amtszeit versprochenen "New Deal" umsetzen will. Über allem steht für den SPÖ-Chef das Ziel, bis 2020 200.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen und damit Vollbeschäftigung herzustellen.

Video-Analyse von Michael Jungwirth

Dazu dienen soll auch, dass sich Kern von der Arbeitnehmer-Freizügigkeit in der EU teilweise verabschiedet. Konkret sollen Bürger aus jenen Staaten, deren Lohnniveau nicht einmal 80 Prozent des österreichischen erreicht, nur dann in Österreich tätig sein können, wenn keine heimische Arbeitskraft zur Verfügung steht.

Ohnehin macht Kern klar, dass für ihn offene Grenzen ein No-go sind. Man brauche eine Diskussion mit Augenmaß und Realitätssinn. Für ihn ist klar, dass die weitere Zuwanderung zu begrenzen sei, solange die Integration der schon in Österreich Lebenden nicht abgeschlossen sei: "Wir müssen wissen, dass die Aufnahmefähigkeit unserer Gesellschaft Grenzen hat." Was Islamisten angeht, sprach sich der Kanzler dafür aus, "mit voller Härte" gegen entsprechende Parolen vorzugehen. Gleichzeitig wandte er sich allerdings dagegen, Integrationspolitik als Instrument zur Profilierung einzelner Politiker oder Parteien zu sehen, eine der ganz wenigen Spitzen gegen den Koalitionspartner.