Der Hypo-Skandal hat viel mehr Gesichter, als sie im Berichtsentwurf zum Hypo-U-Ausschuss von Verfahrensrichter Walter Pilgermair vorkommen. Im Folgenden aber einige Player zunächst aus der Bank und der Landespolitik - und wie deren Handlungen oder Unterlassungen im Berichtsentwurf dargestellt werden:

AUS DER LANDESPOLITIK:

GERHARD DÖRFLER (Ehemaliger Kärntner Landeshauptmann, Freiheitliche): Leutseliger Auftritt im U-Ausschuss. Kam auch im "Trachten-Janker" zu den Notverstaatlichungsverhandlungen - argumentierte damit, überrascht von den Verhandlungen gewesen zu sein. Die Verstaatlichung wertete er für Kärnten als Erfolg, weil der vom Bund verlangte Zugriff auf den Zukunftsfonds und die AHP- sowie Kelag-Anteile abgewehrt worden sei.

HARALD DOBERNIG (ehemaliger Kärntner Finanzreferent und Hypo-Aufsichtskommissär des Landes, Freiheitliche): Erteilte nur wenige Tage vor der Notverstaatlichung der Hypo, am 10. Dezember 2009, die schriftliche Weisung, im Hinblick auf die aktuelle finanzielle Situation der Hypo kurzfristig alle bei der Hypo veranlagten Mittel abzuziehen und vorübergehend bei anderen Kreditinstituten im Lande anzulegen. Erhielt wegen unentschuldigten Fernbleiben vom U-Ausschuss eine 3.000 Euro schwere Geldstrafe.

JÖRG HAIDER (verstorbener, ehemaliger Kärntner Landeshauptmann und Finanzreferent): Konnte freilich nicht mehr im U-Ausschuss befragt werden, auch wenn dies umso interessanter gewesen wäre. Entschied sich für die Idee des Hypo-Börsegangs kombiniert mit einer Pre-IPO-Umtauschanleihe über 500 Mio. Euro (laut KLH-AR-Chef Pöschl "Geldbeschaffung der Landespolitik"). Feierte den schlussendlich mehrheitlichen Anteilskauf durch die BayernLB mit den Worten "Kärnten wird reich". Wollte das Land laut Zeugenaussagen aus der Bank zurückziehen, um einen Schaden zu verhindern. War zuvor wie Bankmanager und andere Politiker aber stolz auf das rasante Wachstum der Hypo.

Beschwerte sich 2006 in einem Brief an den damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser über die Vorgehensweise der FMA gegenüber der Hypo nach Bekanntwerden der Swap-Verluste samt Absetzungsverfahren gegen Bank-Chef Kulterer - "Lieber Karl-Heinz, ich will nicht klagen. Aber ich hätte mir gewünscht, du würdest als Kärntner mehr Verständnis aufbringen ...". Kündigte eine Strafanzeige wegen Missbrauchs der Amtsgewalt unter anderem gegen die damaligen FMA-Vorstände Heinrich Traumüller und Kurt Pribil an.

STEFAN PETZNER (früherer Haider-Sprecher und -Vertrauter): Bestätigte, dass Haider Druck auf die FMA-Spitze ausübte: "Schauen Sie, Herr Verfahrensrichter, Einflussnahme - das ist immer so ein Wort. Ja, natürlich hat der Herr Landeshauptmann - das ist meiner Meinung nach auch seine Aufgabe - Kontakte nach Wien genützt und Druck gemacht und sich bei allen möglichen Stellen über den Umgang des Bundes und der Finanzmarktaufsicht mit der Hypo beschwert." Bestätigte auch eine "Kampagnisierung" und "Attacke" gegen die FMA, weil sich die Kärntner Landespolitik von dieser "ungerecht behandelt" fühlte.

AUS DER SKANDALBANK:

WOLFGANG KULTERER - Starkes Wachstum der Hypo unter seiner Vorstandstätigkeit. Vielfach im Hypo-Zusammenhang verurteilt. Forcierte 2004 Börsegang der Hypo, andere waren für Hereinnahme eines strategischen Partners. Pre-IPO-Umtauschanleihe war "Geldbeschaffung" (Zeuge Ex-AR-Chef Pöschl) für die Kärntner Landespolitik. 2006 informierte Kulterer Aufsichtsrat über Swap-Verluste 2004. Absetzungspläne von Kulterer wurden als "Angriff aus Wien" gewertet. Kulterer-Wechsel an Spitze des Aufsichtsrats politisch gewünscht (Zeuge Ex-Finanzreferent Martin Strutz, FPÖ). Für den Antrag stimmten die damaligen Aufsichtsräte der KLH Dietmar Schwarzenbacher, Strutz, Franz Farkas (ÖVP-entsandt) und Kurt Scheuch (FPÖ). "Diese trifft somit die (politische) (Mit-)Verantwortung für den Wechsel von Kulterer an die Spitze des Aufsichtsrats der HBInt", schreibt Pilgermair.

TILO BERLIN - Stieg mit der Berlin & Co Capital Sarl (Projekt Fort Knox) mittels Kapitalerhöhung von 125 Mio. Euro zunächst mit 4,76 Prozent der Aktien bei der Hypo ein. Stockte Anteil am im März 2007 durch eine weitere Kapitalerhöhung von 125 Mio. Euro auf 9,09 Prozent auf. Berlin vereint zahlreiche Investoren in der Berlin & Co. Durch den Kauf von weiteren 15,91 Prozent der Hypo-Aktien von GraWe und der Hypo-Mitarbeiterprivatstiftung (MAPS) um 2,3 Mrd. Euro stigen die Anteile Mitte 2007 auf 25 Prozent plus eine Aktie.

Schon im November 2007 kaufte die BayernLB (Projekt Berthold) alle bis auf 1 Prozent der durch die Berlin & Co Capital Sarl gehaltenen Aktien sowie 24,91 Prozent von der Kärntner Landesholding und 1,55 Prozent von der MAPS ausgehend von einem Gesamtunternehmenswert von 3,25 Mrd. Euro um 3,25 Mrd. Euro. Somit hielten die Bayern 50 Prozent und eine Aktie an der Hypo. Insgesamt erwarb die BayernLB 50,22 Prozent der Aktien der Hypo zum Gesamtpreis von 1,63 Mrd. Euro von der KLH, der MAPS und der Berlin & Co Capital Sarl. Bei keinen der genannten Verkäufe stellte der U-Ausschuss eine Mitwirkung von Bundesorganen fest.

Berlin wurde 2007 Vorstandsvorsitzender (1. Juni 2007 - 6. Juni 2009), seine Gruppe verdiente mit dem Deal rund 150 Mio. Euro. "Im Zusammenhang mit dem Einstieg von Tilo Berlin ergab sich der jedoch nicht erweisliche Verdacht, dass die Investorengruppe um Berlin Insiderwissen betreffend das Kaufinteresse der BayernLB nutzen konnte", heißt es im Berichtsentwurf. Die Bank verbucht 2008 einen Nettoverlust von 520 Mio. Euro im Jahresabschluss 2008, fällt unter die Mindestkernkapitalquote und weist einen Kapitalbedarf von 1,5 Mrd. Euro aus.

FRANZ PINKL - Wurde, zuvor bei der ÖVAG tätig, 2009 Nachfolger von Berlin. War Vorstandsvorsitzender zur Hypo-Verstaatlichung. Informiert FIMBAG und BMF am 5. November 2009 für das Jahr 2009 über einen Abschreibungsbedarf von 762 Mio. Euro zum Halbjahr und einem Abschreibungs- und Wertberichtigungsbedarf von 1,4 bis 1,7 Mrd. Euro fürs Gesamtjahr. Am 7. Dezember 2009 berichtete Pinkl dem BMF und der Finanzprokuratur, dass die Bayern ihre Anteile abgeben wollen. Das Land Kärnten wollte Pinkl zufolge keinen Betrag leisten und sich auch nicht enteignen lassen. Ein Bankrun sei möglich. Allein in der ersten Dezemberwoche wurden 600 Mio. Euro aus der Hypo abgezogen. Nahm an Verstaatlichungsverhandlungen teil.

GOTTWALD KRANEBITTER - Kam von KPMG als Pinkl-Nachfolger. Ob er im Falle einer Insolvenz durch eine Bonusvereinbarung finanziell profitiert hätte, konnte im Ausschuss nicht festgestellt werden. Die Vergangenheitsaufarbeitung soll er nicht behindert haben. Stellte als wichtiges Ziel der Hypo im EU-Beihilfeverfahren eine positive Entscheidung mit möglichst langen Verkaufsfristen und geringen Neugeschäftsbeschränkungen dar. Nahm für die KPMG an den Verstaatlichungsverhandlungen teil. Begutachtete die Hypo für KPMG 2006 und 2007.