Die Tage an der Spitze des Belvedere sind für Agnes Husslein gezählt: Bis Jahresende wird sie ihre Funktion noch erfüllen, dann soll nach einer Neuausschreibung eine neue Doppelspitze für das Haus feststehen. Dies ist die Folge von Vorwürfen hinsichtlich Compliance-Verstößen, die sie gegenüber dem Kuratorium auch eingestanden hat. Ein weiteres Kapitel in ihrer mitunter turbulenten Karriere.

Denn egal ob bisweilen exzentrisch am Society-Parkett oder berüchtigt durchsetzungsstark im Beruf: Agnes Husslein-Arco zählt seit Langem zu den schillerndsten, aber auch umstrittensten Persönlichkeiten der österreichischen Kulturszene. 2007 zog sie als erste Frau an der Spitze der Österreichischen Galerie aus, das Belvedere neu zu positionieren, was ihr - darin ist sich die Szene einig - eindrucksvoll gelungen ist, was auch Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) bei der Bekanntgabe, die Geschäftsführung neu auszuschreiben, betonte.

Zehn Jahre wird die Kunsthistorikerin und -managerin bis 31. Dezember 2016 dem Belvedere vorgestanden haben. Eine Zeit, in der sie die größte Klimt-Gemäldesammlung der Welt verwaltet und geplante Umkrempelungen mit ihrem kompromisslosen Gestaltungswillen schon in der Hälfte der Zeit erledigt hatte. Ihr Beruf ist unverkennbar ihre Passion, das Belvedere für sie "ein wunderbares Haus, das ich seit meiner Kindheit liebe".

Am 22. Mai 1954 als Tochter von Felicitas (geb. Boeckl) und Karl Heinrich von Arco in Wien geboren, war ihr Kunst schon in die Wiege gelegt, ist ihr Großvater doch der Maler Herbert Boeckl. Nach einer Jugendkarriere als Eiskunstläuferin (Staatsmeisterin in Eistanz 1971) studierte Husslein-Arco dann auch Kunstgeschichte und Archäologie an der Universität Wien, verbrachte kurze Zeit an der Sorbonne und der Ecole de Louvre in Paris, dissertierte über die Fresken ihres Großvaters in der Engelskapelle im Stift Seckau und wurde 1979 zum Doktor phil. promoviert.

Nach Tätigkeiten für die Galerie Ulysses und das Dorotheum wurde die erst 27-jährige Kunsthistorikerin 1981 die erste Geschäftsführerin von Sotheby's Österreich und sollte es bis 2000 bleiben. Elf Jahre fungierte sie daneben auch als Geschäftsführerin für die Außenstellen des britischen Auktionshauses in Prag und Budapest, zehn Jahre lang als Senior Director für Sotheby's Europa. Parallel war sie von 1996 bis 2000 Vorstandsmitglied der Freunde der Wiener Secession und von 1996 bis 1998 Vizepräsidentin des Kunstvereins Kärnten. Schon damals bewegte sich die Kunsthistorikerin mit Hang zur Selbstdarstellung auf Society-Parketten und Kunst-Events weltweit mit größter Selbstverständlichkeit und baute u.a. als Director of European Development des Guggenheim Museums New York und Organisatorin der Guggenheim Association Salzburg und des Austrian Guggenheim Advisory Boards exzellente internationale Kontakte auf.

Dass Husslein in ihrer zwei Jahrzehnte währenden Zeit als Geschäftsführerin von Sotheby's mindestens so häufig wie ihre potenziellen Kunden auf Society-Events und in Adabei-Spalten zu finden war, soll dem Headquarter des internationalen Auktionshauses aber ebenso missfallen haben wie jene politischen Diskussionen, die rund um eine von Husslein-Arco ausgerichtete private Diskussionsveranstaltung mit FPÖ-Politikern entstanden. Politische Nähe bestand dabei eher zur ÖVP: Bei den Nationalratswahlen kandidierte sie 1994 auf der ÖVP-Bundesliste, die Regierung sandte sie 1995 auf einem ÖVP-Ticket in das ORF-Kuratorium.

Von ihrer Amtszeit als Direktorin des Salzburger Rupertinums von 2001 bis 2005 wird nicht nur die Eröffnung des Museums der Moderne am Mönchsberg unter ihrer Ägide oder der Skandal rund um den "Arc de Triomphe" der Künstlergruppe Gelatin, die einen Mann mit erigiertem Glied als Springbrunnen darstellte, in Erinnerung bleiben. Vor allem Husslein-Arcos Personalpolitik sorgte schon damals für Aufregung: Mitarbeiter beschwerten sich über "unzumutbare Arbeitsbedingungen", sie hielt dagegen, es habe "vorne und hinten an qualifiziertem, motiviertem Personal gefehlt". Im Jänner 2005 gab Husslein bekannt, eine Verlängerung ihres Ende 2005 auslaufenden Vertrages nicht anzustreben. "Ich will nach Wien zurück, dort ist mein Lebensmittelpunkt", sagte sie damals.

Mit der Bestellung zur Direktorin der Österreichischen Galerie Belvedere ab 1. Jänner 2007 nahm die Kritik vorerst nicht ab, wurde der damaligen Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) doch von verschiedenen Kreisen eine "Pro-Forma-Ausschreibung" vorgeworfen und sorgte Husslein-Arcos autoritärer Führungsstil laut Mitarbeitern auch im neuen Haus für Konflikte und hohe Fluktuation.

Konflikten ist Husslein-Arco nie aus dem Weg gegangen. Ihrer Energie, ihrer Markterfahrung und ihrer Durchsetzungsfähigkeit wegen hat sie den Job bekommen, ist Husslein-Arco überzeugt. "Mit Geduld bin ich allerdings nicht gesegnet. Am liebsten würde ich alles gleich machen." Dementsprechend mit ordentlichem Tempo setzte die Kunsthistorikerin dann auch viel beachtete bauliche und inhaltliche Veränderungen des Belvedere um, rief früh nach einer Budgeterhöhung, steigerte bald die Besucheranzahlen und kämpfte entschlossen inmitten neuer Restitutionsdiskussionen um das Schiele-Gemälde "Mutter mit zwei Kindern III".

So sahen die vergangenen Jahre den verlagerten Fokus auf barocke Kunst und Architektur, die Adaptierungen des Unteren Belvedere sowie der Orangerie zu modernen Ausstellungsorten, die Übernahme und Eröffnung des Winterpalais von Prinz Eugen von Savoyen in der Himmelpfortgasse als Ausstellungsort und nicht zuletzt die Eröffnung des umgebauten 21er Hauses. Die Eröffnung im November 2011 war für Husslein-Arco, die sich seit ihrem Antritt im Belvedere "mit großer Vehemenz" für die Wiederbelebung dieses "Baujuwels" 20er Haus als Ortes für österreichische Kunst ab 1945 stark machte, ein "kulturpolitisch und kunsthistorisch wichtiger Tag". Die 62-Jährige - zweifache Mutter, Gattin des Gynäkologen Peter Husslein und Trägerin des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um das Land Wien (2011) sowie des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst (2013) - kann nun ihre Karriere im Belvedere bis Jahresende fortsetzen. Eine Wiederbewerbung um den Posten scheint nach dem heutigen Tage aber eher chancenlos.