Nach langer Krankheit soll der Weg zurück ins Berufsleben für Menschen erleichtert werden. Zwischen Arbeitgeber und Dienstnehmer soll eine Vereinbarung über eine befristete Reduzierung der Arbeitszeit auf 50 bis 75 Prozent für eine bestimmte Dauer geschlossen werden können. Die Entgelteinbuße soll dabei durch eine Sozialleistung kompensiert werden. Um Invaliditätspensionen möglichst zu vermeiden, sollen Versicherte bereits nach vier Wochen Krankenstand zu einem klärenden Gespräch zur Krankenkasse eingeladen werden.

Die von der ÖVP ursprünglich geforderte Pensionsautomatik kommt in deutlich abgeschwächter Form. Dazu wird die Pensionskommission nicht nur verkleinert und künftig auch für die Beamten zuständig sein, die Regierung wird auch verpflichtet, ihrer Vorschläge umzusetzen oder Alternativen vorzuschlagen, die für das Pensionssystem gleichwertig sind. Die Letztentscheidung bleibt aber beim Parlament.

Wer drei Jahre lang über das gesetzliche Pensionsalter hinaus arbeitet (Männer bis 68, Frauen bis 63), muss nur die halben Pensionsversicherungsbeiträge bezahlen. Allerdings wird es auf der anderen Seite nicht mehr möglich sein, neben der Pension voll dazu zu verdienen. Niedrigverdiener profitieren von einer Erhöhung der Ausgleichszulage für Alleinstehende auf 1.000 Euro, wenn sie mindestens 30 echte Beitragsjahre vorweisen können. Ebenfalls vor allem für Frauen von Vorteil wird eine Erweiterung des freiwilligen Pensionssplittings sein und eine verbesserte Anrechnung der Kindererziehungszeiten, um die Mindestpension in Anspruch nehmen zu können.

Die Regierungsspitze zeigte sich naturgemäß mit dem von Sozial-und Finanzminister vereinbarten Paket zufrieden, gleichzeitig ließen Kanzler und Vizekanzler aber weitere Reformen offen. Es sei klar, dass "wir immer wieder Schritte setzen", meinte Werner Faymann (SPÖ). Und auch Reinhold Mitterlehner (ÖVP) erklärte, es werde nicht das letzte Mal sein, dass über Pensionen verhandelt wurde.

Das sieht auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl so. Er anerkannte zwar viele kleine Schritte in die richtige Richtung, betonte aber gleichzeitig, dass zur langfristigen Sicherung des Pensionssystems größere Strukturreformen notwendig seien. Deutlich negativer sieht das die Industrie. Präsident Georg Kapsch bedauerte, dass wieder keine große Reform zustande gekommen sei und beklagte eine vergebene Chance auf eine nachhaltige Sicherung des Pensionssystems. Rundum zufrieden zeigten sich hingegen die Arbeitnehmervertreter. ÖGB-Präsident Erich Foglar freute sich, dass diesmal eine Reform gelungen sei, die nicht aus Kürzungen bestehe. AK-Präsident Rudolf Kaske konstatierte ein "beachtliches Ergebnis" und ein Drehen an den richtigen Stellschrauben.

Erwartungsgemäß scharf fiel die Oppositions-Kritik aus. Die FPÖ sprach von einem "Pensionsreförmchen", das "eine sozialpolitische Mogelpackung der Sonderklasse" sei. Die Grünen können nur Überschriften erkennen. Das Team Stronach vermisst Lösungen in den wichtigen Punkten.

Aus Sicht der NEOS ist die lange angekündigte Pensionsreform gescheitert, deswegen bringen sie nun einen Antrag auf eine Sondersitzung des Nationalrats ein. Man wolle den Kompromiss von Montagabend (inklusive seiner finanziellen Aspekte) diskutieren, aber auch auf die Notwendigkeit einer echten, nachhaltigen Pensionsreform hinweisen, hieß es am Dienstag gegenüber der APA.

Die NEOS nutzen dafür die jedem Parlamentsklub einmal pro Jahr zur Verfügung stehende Möglichkeit, einen Sonder-Nationalrat einzuberufen. Als Titel der Sitzung haben sie "Reform-Panne: Pensionssystem ungebremst auf Crash-Kurs" gewählt. Unter diesem werden sie eine Dringliche Anfrage an Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) stellen. Der Termin der Sitzung steht noch nicht fest, sie muss jedenfalls innerhalb von acht Tagen stattfinden.

"Nach dieser Reformpanne kann man nicht zur Tagesordnung übergehen", meinte Klubobmann Matthias Strolz zum Ergebnis des jüngsten Pensionsgipfels. "Die Koalition hat es erneut verabsäumt, das Pensionssystem auch für kommende Generationen fit und gerecht zu machen. Das hat Auswirkungen nicht nur auf die Pensionen selbst, sondern auch auf die Chancen von Frauen, den Arbeitsmarkt und das Budget. Wir werden nicht zulassen, dass das vertuscht wird, und unsere Lösungen dazu vorlegen."

Auch Experten halten die von der Regierung vereinbarten Maßnahmen für nicht ausreichend. Ulrich Schuh, Chef des Forschungsinstitutes EcoAustria, bezeichnete das Ergebnis als "denkbar unspektakulär". WIFO-Experte Thomas Url glaubt nicht, dass man damit den steigenden Bundeszuschuss in den Griff bekommen kann.