Häupl wurde am Vormittag von gerade einmal 52 der 100 Mandate zum inzwischen sechsten Mal zum Bürgermeister gewählt. Insofern bemerkenswert, als allein die Fraktionen von Rot und Grün über 54 Abgeordnete verfügen. Das heißt: Auch zwei Vertreter aus den eigenen Reihen votierten gegen den Stadtchef. Häupl selbst, der später auch von Bundespräsident Heinz Fischer als Landeshauptmann vereidigt wurde, signalisierte trotzallem Gelassenheit. "Das ist mir ehrlich gesagt völlig egal", so sein Befund. 2010 hatte er noch 65 Stimmen erhalten, also auch Unterstützung von Oppositionsvertretern.

Alles andere als überbordende Vorschusslorbeeren erntete darüber hinaus die Mehrzahl der Ressortchefs. Die grüne Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou schnitt mit lediglich 50 Unterstützern - bei 98 gültigen Stimmen - am Schlechtesten ab. Ebenfalls Signalwirkung hatte das Resultat von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) - wenn auch in einem anderen Sinne. Der Floridsdorfer streifte beachtliche 81 Stimmen ein. Damit wurde er auch von einem großen Teil der Opposition, also ÖVP, FPÖ und NEOS, unterstützt.

Trotz aller Kommunalpolitik fanden darüber hinaus die Terroranschläge in Paris thematisch Eingang in die erste Sitzung nach der Wien-Wahl am 11. Oktober. Am Anfang der Sitzung wurde den Opfern gedacht. Bürgermeister Häupl, seit 1994 im Amt, warb später in seiner Regierungserklärung - neben Rot-Grün und den Koalitionspakt - für Wien als "offene, tolerante Stadt, in der niemand zurückgelassen wird". Es sei entscheidend, welche Schlüsse aus den Attentaten gezogen würden: "Und ich möchte es hier in aller Deutlichkeit sagen: Zäune innerhalb Europas werden das Friedensprojekt EU zum Scheitern bringen", warnte der Stadtchef. Wien sei jedenfalls stolz auf seine Zuwanderer, versicherte er.

Vizebürgermeisterin Vassilakou ließ in ihrer Rede zunächst ebenso die Ereignisse von Paris bzw. Brüssel Revue passieren. "Die Versuche, unsere Städte zu spalten, uns gegeneinander auszuspielen, das Trennende vor das Gemeinsame zu stellen, werden nicht weniger", befand sie. Die "extreme Rechte" würde die Vielfalt bekämpfen, die Fanatiker die Freiheit im Denken und Handeln. Erwartbare Streitigkeiten im Stadtparlament kann sie durchaus Positives abgewinnen: "Wir werden sicher nicht in jedem Punkt in den kommenden fünf Jahren einer Meinung sein, das ist gut so, das liegt im Wesen der Demokratie."

Die Rathausopposition redete sich in der anschließenden Debatte am Nachmittag ebenfalls schon warm für die neue Legislaturperiode. Der erst heute ernannte FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus freute sich vor allem über sein neues Amt und kündigte an, dieses zu nutzen, um Rot-Grün II auf die Finger zu schauen und auf selbige wenn nötig zu klopfen. Seinen ersten Auftritt am Rathaus-Rednerpult bestritt ÖVP-Landesparteichef Gernot Blümel mit einer Bilanz des Regierungspakts: "Weltstadtniveau hätte es werden können, Mariahilfer-Straßen-Niveau ist es geblieben." Ebenfalls ihren ersten Auftritt im Gemeinderat absolvierte NEOS-Frontfrau Beate Meinl-Reisinger, die das Arbeitspapier von SPÖ und Grünen als Roman mit "schwachem Plot" wertete.

Häupl zog weiters Bilanz über die bisherige Arbeit von Rot-Grün: "Wir haben in den ersten fünf Jahren gezeigt, wie wir unsere Stadt lebenswert für alle halten, planen, bauen und gestalten können." Es seien in wirtschaftlich schwierigen Zeiten etwa 7.000 neue Arbeitgeberbetriebe und 40.000 zusätzliche neue Arbeitsplätze geschaffen worden. Auch neue Wohnbauten und Parks, die Einführung der Mindestsicherung für Kinder oder den Ausbau des öffentlichen Verkehrs hob der Regierungschef hervor.

Nun, so versprach er, würde man ein weiteres Kapitel "der Erfolgsgeschichte dieser Stadt" schreiben. Dazu gehören laut Häupl: Zusätzliche Investitionen in Bereiche wie Bildung, Infrastruktur oder Gesundheit. Er machte sich einmal mehr dafür stark, derartige Maßnahmen aus dem Verschuldungskriterien des Stabilitätspakts herauszunehmen.

Nach seiner fünften Wiederwahl zum Bürgermeister wurde Häupl von Bundespräsident Heinz Fischer in der Hofburg als Landeshauptmann angelobt. Mit dabei waren Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und sein Vize Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Das magere Stadtchef-Wahlergebnis sei ihm "völlig egal", versicherte Häupl.

Für den frisch gekürten Bürgermeister war es bereits die sechste Ernennung zum Landeshauptmann. Zum dritten Mal wurde diese von Fischer vorgenommen. Das Staatsoberhaupt konstatierte, dass beide bereits eine "gewisse Routine" hätten und gratulierte Häupl abschließend: "Alles Gute und viel Erfolg."