In Oberösterreich bahnt sich nach der Landtagswahl am Sonntag ein Machtwechsel an. Die ÖVP wurde zwar laut vorläufigem nichtamtlichen Endergebnis Erste, rutschte aber von 46,76 auf 36,37 Prozent ab (-10,39%). Die FPÖ verdoppelte ihre Stimmen von 15,29 auf 30,36 Prozent (+15,07%) und verdrängte die SPÖ, die von 24,94 auf 18,37 Prozent absackte (-6,57%), von Platz zwei. Die Grünen legten leicht von 9,18 auf 10,32 Prozent zu (+1,14%), können aber keine Koalition mehr mit der ÖVP bilden. Am Einzug in den Landtag gescheitert sind die NEOS (3,47%) - wie auch schon zuletzt im Burgenland und in der Steiermark.

"Schallende Ohrfeige" für ÖVP

Die ÖVP behält mit 36,37 Prozent Platz eins, erleidet aber mit einem Minus von 10,39 Prozentpunkten einen deutlichen Stimmenverlust. Im ORF gestand ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka, dass wohl auch die Bundespartei "mitschuld" am Ergebnis sei. Vor allem habe man Fehler in der Kommunikation gemacht, sagte er. Überhaupt sei das Wahlergebnis "eine schallende Ohrfeige" für die Volkspartei gewesen.

Gegenüber 2009 (15,29 Prozent) bedeutet das Ergebnis der FPÖ ein Plus von 15,07 Prozentpunkten für die Freiheitlichen. Somit erreicht die FPÖ erstmals außerhalb Kärntens die Marke von 30 Prozent. Zu möglichen Koalitionen in Oberösterreich, wo es ja noch ein Proporz-System gibt, äußerte sich FPÖ-Landesparteichef Manfred Haimbuchner relativ offen: "Ich werde mit allen reden", sagte der Spitzenkandidat. Er werde aber nicht den Zweiten oder den Dritten zum Landeshauptmann machen: "Was ich vor der Wahl gesagt habe, gilt auch nach der Wahl." Die FPÖ solle mit "wirklicher Verantwortung ausgestattet" werden, es gebe viel abzuarbeiten. Dass Josef Pühringer Landeshauptmann bleibt, scheint somit fix zu sein.

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FPÖ stark bei Arbeitern

Die SPÖ kommt auf 18,37 Prozent und verliert gegenüber dem letzten Urnengang (2009: 24,94 Prozent) rund ein Viertel ihrer Wähler. Die Kanzlerpartei ist erstmals seit 1945 im Industrieland Oberösterreich schwächer als die FPÖ - und das gleich um zehn Prozentpunkte. Unter den Arbeitern ist der Unterschied noch deutlicher: Während 61 Prozent die FPÖ gewählt haben, machten lediglich 15 Prozent der Arbeiter ihr Kreuzerl bei den Roten. Mehr dazu gibt's hier.

Die Grünen können leicht zulegen und kommen auf 10,32 Prozent der Stimmen - ein Plus von 1,14 Prozentpunkten (2009: 9,18 Prozent). Gescheitert sind indes die NEOS. Mit 3,47 Prozent der Stimmen verfehlen sie die Vier-Prozent-Hürde für den Einzug in den Landtag knapp.

Die ÖVP entsendet nur noch 21 Mandate (minus 7) in den Landtag. Die FPÖ hält in Zukunft bei 18 Sitzen (plus 9). Die SPÖ ist mit elf Abgeordneten im Landesparlament vertreten (minus 3), die Grünen kommen auf sechs Mandate (plus 1). Damit ist eine Fortführung der schwarz-grünen Zusammenarbeit im Linzer Landtag nicht mehr möglich, beide Parteien kommen zusammen auf nur 27 Mandate. Rechnerisch ist neben einer schwarz-blauen auch eine schwarz-rote oder blau-rote Zweier-Koalition möglich. Die Wahlbeteiligung ist mit 81,63 Prozent leicht gestiegen.

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Der sichtlich gezeichnete Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) hielt sich noch bedeckt. Als Erster im Land werde er jetzt den Wählerauftrag wahrnehmen und in den kommenden Tagen mit allen Parteien erste Sondierungsgespräche über eine mögliche Zusammenarbeit in der bevorstehenden Legislaturperiode führen. "Ich schließe derzeit nichts aus und nichts ein", meinte er in Bezug auf mögliche Regierungskonstellationen. In konkrete Koalitionsverhandlungen werde er aber erst nach den Bürgermeisterstichwahlen am 11. Oktober treten. Ob er noch die volle Funktionsperiode im Amt bleiben werde, beantwortete der Landeshauptmann vorerst nicht. SPÖ-Chef Reinhold Entholzer bot sich der ÖVP als Partner an, betonte aber, dass "die ÖVP das Sagen hat".

Flüchtlingskrise entscheidend

Als Hauptgrund für die Wahlergebnisse machten sowohl die Meinungsforscher als auch die Politik das Asyl- und Flüchtlingsthema aus, von dem die FPÖ profitierte. Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann verwies darauf, dass das dieses Thema alle anderen verdrängt habe. Viele Ängste hätten ein große Rolle gespielt und davon hätten am meisten jene profitiert, "die die Leute aufhetzen".

Auch Vizekanzler ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner bezeichnete es als "schade", dass die FPÖ das Flüchtlingsthema so dargestellt habe, "dass es eine einfache Patentlösung gibt." Sie habe suggeriert, diese zu haben. Aber das Bauen von Zäunen sei keine. Sehr besorgt über die starken Zugewinne zeigte sich die Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig, die es auf der anderen Seite sehr positiv fand, dass die Grünen als Regierungspartei dazu gewonnen haben.

Die FPÖ hat für Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache ihre eigenen Erwartungen übertroffen. Strache ließ anklingen, dass sich die FPÖ nun die Beteiligung an einer Koalition in Oberösterreich erhofft. Er riet Landeshauptmann Pühringer (ÖVP), das demokratische Ergebnis ernst zu nehmen und die Ausgrenzung der FPÖ zu beenden. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder meinte, seine Landespartei sollte Verhandlungen "mit aller Offenheit" führen. Wenn etwas Gutes dabei herausschaue, werde man in eine Koalition gehen, ansonsten nicht.

"Auf Augenhöhe verhandeln"

Glawischnig bot die Grünen trotz des Verlustes der schwarz-grünen Mehrheit weiterhin als Regierungspartei an. Sie plädierte dafür, die FPÖ nicht in eine Koalition zu nehmen und kann sich auch eine Drei-Parteien-Zusammenarbeit ohne Blaue vorstellen.

ÖVP-Spitzenkandidat und Landeshauptmann Josef Pühringer, SPÖ-Landesparteichef Reinhold Entholzer, FPÖ-Spitzenkandidat Manfred Haimbuchner, Grünen-Spitzenkandidat Rudi Anschober und NEOS-Spitzenkandidatin Judith Raab (von links)
ÖVP-Spitzenkandidat und Landeshauptmann Josef Pühringer, SPÖ-Landesparteichef Reinhold Entholzer, FPÖ-Spitzenkandidat Manfred Haimbuchner, Grünen-Spitzenkandidat Rudi Anschober und NEOS-Spitzenkandidatin Judith Raab (von links) © APA/HELMUT FOHRINGER



Landeshauptmann Pühringer meine mit Blick auf das Flüchtlingsthema: "Wir haben einen Preis bezahlt, den wir nicht verschuldet haben". FPÖ-Spitzenkandidat Manfred Haimbuchner kündigte an, er wolle nun mit allen eine gute Zusammenarbeit und "auf Augenhöhe verhandeln". SPÖ-Spitzenkandidat Reinhold Entholzer kündigte Konsequenzen in der Parteiorganisation an, einen Rücktritt schloss er aber zumindest vorerst aus. Auch Bundesparteichef Faymann stellte sich hinter Entholzer. Der Grüne Spitzenkandidat Rudi Anschober forderte ein Treffen jener Kräfte, die einen "Kurs der Menschlichkeit und der Vernunft gegangen sind."