Steuern wir beim Budget angesichts der galoppierenden Schulden und Zinsen auf den Abgrund zu?

BERNHARD FELDERER: Ich sehe nicht, wie manche meinen, dass die Regierung ein Katastrophenbudget vorgelegt hat. Natürlich sollte die Sanierung schneller kommen, aber man muss die Rahmenbedingungen sehen. Wenn Sie sich in Europa umschauen, haben wir noch eines der besten Defizite.

Also ist alles in Ordnung?

FELDERER: Kurzfristig ist das Budget für die nächsten zwei Jahre in Ordnung, nur gibt es ein großes Aber: Langfristig haben wir eine Menge großer Strukturprobleme, die wir seit Jahren vor uns herschieben, über die wir schon tausend Mal geredet haben - keiner kann es mehr hören - aber es ist eben nichts gelöst.

Sie sprechen die ausständigen Strukturreformen bei Verwaltung, Gesundheit, Pensionen an. Warum passiert nichts?

FELDERER: Gestern hatte ich Gelegenheit, mit dem früheren polnischen Präsidenten Kwasniewski zu reden, der gesagt hat: "Um große Reformen durchzuführen, braucht man eines: eine Krise." Das ist leider überall in Europa so.

Nur steht der Koalition das Wasser nicht bis zum Hals.

FELDERER: Die Koalition hat sogar wieder die Kurve gekratzt, weil die fixierten Höchstgrenzen bei den Finanzmärkten einen guten Eindruck hinterlassen haben. Aber wenn wir die Reformen nicht anpacken, kommen wir eines Tages ins Schussfeld der Finanzmärkte.

Ist das Triple-A in Gefahr?

FELDERER: Die beiden nächsten Jahre habe ich keine Sorge.

2013 wird aber gewählt, da wird vorher nichts passieren.

FELDERER: Sie haben recht. Der ideale Zeitpunkt wäre jetzt.

Kommt die Regierung ohne Sparpaket aus?

FELDERER: Im Moment schon, aber die Frage ist, wie lange. Je weiter ich in die Zukunft blicke, umso skeptischer bin ich. Um wieder auf die Quote von 60 Prozent zu kommen, müssen wir unseren Schuldenberg um 45 Milliarden abbauen.

Der Kanzler will eine Steuerreform 2013. Ist das eine Chance oder eine gefährliche Drohung?

FELDERER: Es ist eine gefährliche Drohung, wir sind noch nicht so weit. Zuerst sollten wir das Nulldefizit erreichen. Eine Reform ist angesichts der hohen Steuerquote wünschenswert.