Die Familienrichter sprechen sich für eine Abschaffung des Verschuldensprinzips bei Ehe-Scheidungen aus und fordern eine Überarbeitung des Eherechts, berichteten die "Presse" und "Ö1". Künftig sollen anstelle der Verschuldensfrage objektive Kriterien die Höhe des Unterhalts bestimmen.

Verschulden spielt keine Rolle mehr

Wie viel Unterhalt jemand erhält, hängt derzeit davon ab, wer schuld ist am Ehe-Aus. Das Verschuldensprinzip wurde etwa in Deutschland oder der Schweiz längst abgeschafft. "Österreich hinkt hier nach", stellte Assistenzprofessorin Barbara Beclin gegenüber dem ORF-Radio am Donnerstag fest. Das von ihr ausgearbeitete Unterhaltsmodell sieht objektive Kriterien wie etwa die Dauer der Ehe oder die Rollenverteilung der Partner vor. Das Verschulden spielt dabei keine Rolle mehr.

Justizminister: Derzeit kein Reformbedarf

Die Familienrichter tagen heute und am Freitag in Salzburg. Sie fordern von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) ein neues Eherecht, dieser sieht aktuell aber keinen Reformbedarf. Es gebe verschiedene Vorschläge im Bereich des Eherechts und die Abschaffung des Verschuldensprinzips sei einer davon, den sich das Justizressort anschauen werde. Aktuell sei jedoch keine Reform geplant.

Für die zweite Hälfte der Legislaturperiode gebe es Überlegungen, etwas beim Unterhalt zu unternehmen. Im Rahmen dessen könnte es Änderungsbedarf in Teilen des Eherechts geben. Das werde dann zu prüfen sein, hieß es weiter. Wichtig sei, dass Frauen durch allfällige Änderungen kein Nachteil entsteht.

Parteien unterstützen Richter

Die Parlamentsparteien unterstützen den Vorstoß der Familienrichter für eine Neuregelung des Unterhalts nach einer Ehescheidung und zeigen sich gegenüber dem ORF-Radio verhandlungsbereit. Eine Reform sei "überfällig", erklärte der Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser in einer Aussendung.

Gesellschaftlichen Realitäten müsse entsprochen werden, findet ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker und will die verschiedenen Möglichkeiten zur Unterhaltszahlungspflicht mit Experten diskutieren. Die FPÖ ist der Abschaffung des Verschuldensprinzips gegenüber nicht abgeneigt, dieses sollte in klaren Fällen aber weiterhin gelten.

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim ist ebenfalls für eine Gesetzesänderung, zumal bei der Klärung der Verschuldensfrage oft "das letzte an Anstand" zertrümmert werde. "Jede Änderung ist besser", so Jarolim zu "Ö1". Für die NEOS ist die Arbeitsverteilung in der Beziehung ebenfalls wichtiger für die Berechnung des Unterhalts als die Verschuldensfrage und das Team Stronach zeigte sich auch verhandlungsbereit. Allerdings sollte die Höhe des Unterhalts sowie die Zahlung zeitlich begrenzt werden können.

Steinhauser hält eine Reform für überfällig und geht davon aus, dass man sich durch den Wegfall der Verschuldensfrage "ruinöse Rosenkriege" ersparen könnte. In einer Aussendung plädiert er für die Einführung sozialer Kriterien.

Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) hält eine Änderung aktuell nicht für notwendig. Man werde den Vorschlag der Familienrichter aber prüfen.