Für das BZÖ geht es um alles oder nichts, ob in der Nationalratswahl mindestens vier Prozent die Orangen ankreuzen. Falls nicht, ist die in keinem Landtag vertretene Partei politisch tot. Also müssen Parteichef Josef Bucher & Co erklären, warum jemand sie wählen sollte, wem von uns damit geholfen ist und was das BZÖ hat, das andere Parteien nicht haben. Das sind einfache Fragen, doch mit den Antworten tut man sich schwer.

Mit dem Ruf als zerstrittene und wiedervereinigte Ex-FPÖ-ler haben BZÖ-Politiker nicht gerade das Image einzigartig zu sein. Reine Zwischenrufer mit selbst nicht einwandfreiem Leumund, die alle anderen öfter beschimpfen als sachlich kritisieren, davon haben wir ohnedies genug. In fast allen Parteifarben. Deshalb meinen die Wähler noch lange nicht, dass sich in ihrem Alltag etwas zum Guten verändert, weil es das BZÖ gibt. Denn wessen Leben haben die Orangen jemals verbessert?

Auf der Habenseite steht, dass die Kritik an der EU- und Euro-Politik der Regierung populär ist. Die Forderung, dass alle von den Steuern bis zur Rettung Griechenlands weniger zahlen sollen, findet viele Anhänger. Doch hat das BZÖ da keine Themenführerschaft, und die inhaltliche Glaubwürdigkeit leidet unter den Schatten der Vergangenheit.

Vor allem fehlen der Partei die Lichtgestalten. Top-Wahlmotiv 2008 war der inzwischen sowohl verstorbene als auch diskreditierte Jörg Haider. Ihn als Spitzenkandidaten nannten nach den Daten der ORF-Wahlforschung 60 Prozent als Grund der BZÖ-Wahl. 2006 hatten das bei Peter Westenthaler peinliche sechs Prozent getan. Gar so arg wird es für den zivilisierter auftretenden Bucher nicht werden, aber es weiß laut Karmasin Motivforschung nicht einmal die Hälfte der Wähler, dass er BZÖ-Chef ist. Zwar gilt er unverändert als persönlich integer, hatte jedoch ein räumliches und zeitliches Naheverhältnis zu Skandalpolitikern.

Flankenschutz aus den eigenen Reihen ist jedenfalls Fehlanzeige: Buchers parlamentarischer Vize Peter Westenthaler etwa muss betonen, dass seine rechtskräftige Verurteilung wegen falscher Zeugenaussage zu sechs Monaten bedingter Haft aus dem Strafregister gestrichen wurde. Das geschieht abgesehen von Schwerstverbrechen bei jedem kriminell gewordenen Staatsbürger nach einer gewissen Zeit, damit es niemandem im polizeilichen Führungszeugnis auf ewig nachhängt. Tat und Verurteilung bleiben bestehen, und ein politischer Vorteil ist es wohl nicht, vor Gericht bewiesenermaßen konsequent gelogen zu haben.

Der ehemalige BZÖ-Vizekanzler Hubert Gorbach wurde ausgeschlossen, als die Verdachtslage zweifelhafter Gelder von der Telekom stichhaltig erschien. Gegen den Ex-Verteidigungsminister Herbert Scheibner wird wegen Geldwäsche ermittelt. Stefan Petzner bezahlte wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses 38.000 Euro Geldstrafe.

Bisher gab es die Hoffnung, dass die Zeit den Mantel des Schweigens über frühere Untaten breitet. Im Untersuchungsausschuss des Parlaments ist Petzner gar das Kunststück einer oppositionellen "Haltet den Dieb!"-Inszenierung gelungen. Als würde man die Regierung kontrollieren, obwohl während der untersuchten Machenschaften BZÖ-Politiker als Freiheitliche mit der ÖVP regierten.

Nun kamen die Kärntner Skandale ans Tageslicht. Das BZÖ schwankt zwischen Abtauchen und Angriff als die beste Verteidigung. Bucher will Landeshauptmann werden, war aber zum Tatzeitpunkt der Causa Birnbacher und der "Part of the Game"-Affäre rund um allerlei Wünsche illegaler Parteifinanzierung Seite an Seite mit dem gerichtsbekannten Uwe Scheuch. Der BZÖ-Slogan "Genug gezahlt!" wird langsam zur bitteren Ironie.

Im Sommergespräch des ORF genügten ein paar kluge Fragen von Armin Wolf, um das Dilemma des BZÖ aufzuzeigen. Beim Nachstoßen, warum die Parteiagentur zu Zeiten seines Vorgängers 300.000 Euro für eine kurze Pseudo-Studie erhielt, sagte Bucher, Westenthaler nie gefragt zu haben. Ständig muss er beteuern, von nichts gewusst zu haben.

Wobei Naivität und Ahnungslosigkeit, auch wenn sie ihm geglaubt werden, keine tollen Eigenschaften für einen Politiker sind. Oder Bucher gibt zu, höchst fragwürdige Praktiken am Rande mitbekommen zu haben, ohne Näheres wissen zu wollen. Das geht noch weniger.

Die sonstige Personaldecke des BZÖ ist dünn bis nicht vorhanden. Wer kennt Kurt List oder Wolfgang Spadiut? Es handelt sich um Nationalräte und den Verteidigungs- bzw. Gesundheitssprecher. Doch ein Quizspiel unter Studierenden der Politikwissenschaft ergab für sie lauter Nullmeldungen. Das BZÖ besteht also aus Bucher, einigen angepatzten Kollegen im Schlepptau plus völlig Unbekannte, die der Partei keine einzige Stimme bringen. Dafür könnten einige ursprünglich orange Parlamentarier bei Frank Stronach anheuern.

Somit kämpft das BZÖ einen Überlebenskampf, in dem es aufgrund neuer Parteien immer mehr Gegner gibt. Vermutlich wird man bis zur Wahl jeden Meinungsforscher als Lügner beflegeln oder eigene Umfragedaten erfinden. Falls nämlich den Orangen ein Stimmenanteil von zwei oder drei Prozent prophezeit wird, kommt es zum "Fallbeil-Effekt". Niemand will eine verlorene Stimme für jemand abgeben, der vielleicht nicht ins Parlament kommt.