Im Zusammenhang mit der sogenannten Inseratenaffäre werden die Ermittlungen gegen Bundeskanzler Werner Faymann und seinen Staatssekretär Josef Ostermayer (beide SPÖ) vorerst nicht eingestellt. Die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien ist am Donnerstag einem Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Wien, in dem dem Vernehmen nach die Verfahrenseinstellung vorgeschlagen worden sein soll, in wesentlichen Teilen beigetreten und hat diesen Bericht zur endgültigen Genehmigung ans Justizministerium weitergeschickt. In einem Teilbereich hält die OStA aber weitere Erhebungen für notwendig.

Der Kanzler wird in der ÖBB-Inseratenaffäre als Beschuldigter geführt. Es soll staatsnahe Unternehmen wie die ÖBB und Asfinag beauftragt haben, Faymann-freundliche Inserate in Boulevardzeitungen geschaltet zu haben.

Wie Behördensprecher Peter Gildemeister gegenüber der APA erläuterte, soll ein Sachverständiger beigezogen werden und 24 jeweils zweiseitige ÖBB-Inserate in der "Kronen-Zeitung" überprüfen. Der Gutachter soll den Werbewert dieser Einschaltungen ermitteln und feststellen, ob den ÖBB dadurch ein finanzieller Schaden entstanden ist.

"Weil Untreue den Eintritt eines Schadens voraussetzt, wird das einzuholende Gutachten einzig die Frage zu beurteilen haben, ob die ÖBB einen wirtschaftlich vertretbaren Gegenwert für die aufgewendeten Mittel erhalten hat", betonte OStA-Sprecher Peter Gildemeister im Hinblick auf die "Krone"-Inserate, die noch ein Sachverständiger prüfen soll.

Hinsichtlich der übrigen Vorwürfe in der gegen Bundeskanzler Werner Faymann und Staatssekretär Josef Ostermayer eingebrachten Anzeige, die sich auf andere Medien beziehen, sei "der Werbewert für das jeweilige Unternehmen hingegen eindeutig zu bejahen", so Gildemeister. Abgesehen von einem Artikel, in welchem der seinerzeitige Infrastrukturminister Faymann neben anderen Personen sachbezogen interviewt wird, komme dieser in keiner weiteren Veröffentlichung vor.

Die Staatsanwaltschaft hatte gegen Faymann und Ostermayer Ermittlungen wegen Untreue aufgenommen, weil die beiden - so die Verdachtslage - Organe der ÖBB im Jahr 2007 dazu bestimmt haben sollen, die Kosten für eine Artikel-Serie in der "Kronen Zeitung" in Höhe von mehreren hunderttausend Euro zu übernehmen, obwohl dadurch lediglich der Person des damaligen Infrastrukturministers Gelegenheit zur medialen Selbstdarstellung geboten worden sei. Diese "Medienkooperation" war nachträglich in Form eines übereinstimmenden Beschlusses der damaligen ÖBB-Vorstände genehmigt worden.

Die insgesamt 24 zweiseitigen Veröffentlichungen, die auf Wunsch der OStA nun weiter untersucht werden sollen, enthalten jeweils ein "Interview-Kästchen", in dem Faymann meist Abhilfe für im Artikel angeführte negative Umstände verspricht. Darüberhinaus werden positive Auswirkungen und Entwicklungen der Bahn angesprochen und angepriesen. "Im Hinblick auf sehr unterschiedliche Einschätzungen prominenter Verantwortungsträger der ÖBB über den Wert dieser Kampagne hat die Oberstaatsanwaltschaft Wien die Staatsanwaltschaft Wien angewiesen, die Veröffentlichungen von einem Sachverständigen aus dem Gebiet der Medienkommunikation (oder einer verwandten Fachrichtung) prüfen zu lassen", erklärte Behördensprecher Gildemeister.