Der Ex-Grüne Voggenhuber hatte schon vor längerem erklärt, dass es ihn durchaus reizt, sich wieder um ein EU-Mandat zu bewerben. Für die Grünen, deren Bundesgeschäftsführer und Klubobmann er früher auch einmal war, saß er von 1995 bis 2009 im EU-Parlament. Aber 2009 fand seine Karriere bei den Grünen ein jähes Ende. Ulrike Lunacek nahm ihm beim Bundeskongress den Listenplatz und in der Folge das EU-Mandat ab - und Voggenhuber zog sich empört zurück.

Zehn Jahre danach versucht er jetzt mit der von Peter Pilz vor der Nationalratswahl 2017 gegründeten Liste Jetzt die Rückkehr ins EU-Parlament. Pilz hatte die neue Liste ins Leben gerufen, weil er 2017 nicht mehr den gewünschten Listenplatz für die Nationalratswahl schaffte. Seine Partei schaffte es auf Anhieb in den Nationalrat, die Grünen mussten sich hingegen verabschieden. Außerdem wird Voggenhuber damit vermutlich auch bei den diversen TV-Duellen eingeladen.

Maria Stern, Obfrau der Liste Jetzt, kündigte bei der Pressekonferenz an, Johannes Voggenhuber werde als "unabhängiger Kandidat" kandidieren, man strebe ein Bündnis an, das weit über die Liste Jetzt hinausgehe. Jetzt stellt die nötigen Unterschriften von drei Abgeordneten für die Kandidatur zur Verfügung, sowie eine Anschubfinanzierung in Höhe von 250.000 Euro.

Bei der Pressekonferenz nannte Voggenhuber seine Motive:

  • Uralte Dämonen würden wieder wach.
  • Der Nationalismus ersteht wieder, autoritäres Denken mache sich breit.
  • Die Erhebung der Politik über das Recht werde wieder zum Thema.

Voggenhuber: "Das alles erschreckt viele Menschen, nicht nur mich. Alle diese Kräfte haben sich Europa zum Feind erkoren, die Idee der Vereinigung Europas. Sie sehen im Marsch auf Brüssel ihre große Stunde gekommen, auch und vor allem bei der EU-Wahl im Mai."

"Mit Karas ins antieuropäische Lager"

Voggenhuber wies die Unterstellung zurück, er kandidiere nur, um sich an den Grünen zu rächen. "Das sind Fantastereien. Ich verschwende meine Lebenszeit nicht für Racheaktionen oder niedrige Gefühle." Er habe auch den Grünen eine Kooperation angeboten.

Er trete an, um den Kuhhändeln und dem nationalen Eigennutz auf dem Rücken Europas Paroli zu bieten. Insbesondere die ÖVP nahm Voggenhuber in seiner ersten Pressekonferenz aufs Korn. Er hätte gerne Othmar Karas eingeladen, ein Stück des Weges mit ihm gemeinsam zu gehen, aber dieser habe sich leider anders entschieden. Er respektiere das, aber Karas werde dem Kalkül seines Parteiobmannes Sebastian Kurz zum Opfer fallen, der von Karas erwarte, dass er "die Menschen, die für Europa sind, unter proeuropäischer Flagge in das antieuropäische Lager führt". Die Zweitgereihte, Staatssekretärin Karoline Edtstadler, werde Karas' Politik konterkarieren, sobald dieser gewählt sei.

Kritik an SPÖ und Neos

Sein Programm sei ein Gegenentwurf zur politischen Rechten in Europa. Sein Ziel sei es vor allem auch die Wahlbeteiligung zu heben. Er geht davon aus, dass die Fraktion der Grünen im EU-Parlament erfreut sein werde, wenn er sich dieser anschließe - im Gegensatz zu den österreichischen Grünen habe er mit diesen nie einen Konflikt gehabt. "Es muss aber auch nicht sein."

Bei der SPÖ orte er in Sachen Europappolitik nur "Seifenblasen und Parfum", keine Idee, kein Vorhaben, keine einzige überzeugende Initiative. Die Liberalen würden am Widerspruch zwischen wirtschaftsliberalen und gesellschaftsliberalen Ansprüchen scheitern, wie bisher immer, so Voggenhuber.

Wer ist Johannes Voggenhuber?

Mit Johannes Voggenhuber (68) dockt ein weiterer versprengter Grüner bei der Liste Jetzt an. Der gebürtige Salzburger soll die Partei seines ehemaligen Parteifreundes Peter Pilz in das EU-Parlament führen - dem er bereits angehörte. Nunmehr glühender Europäer stand er vor dem Beitritt Österreichs der Europäischen Union mehr als skeptisch gegenüber.

Begonnen hat Voggenhuber seine politische Laufbahn 1977 als Sprecher der Bürgerliste in seiner Heimatstadt. Nur wenig später schaffte er einen historischen Erfolg. 1982 erzielte er bei den Salzburger Gemeinderatswahlen mit mehr als 17 Prozent ein "Traumergebnis" und zog als Stadtrat mit dem größten Ressort - Verkehr, Umwelt, Stadtplanung und Gewerbeordnung - als erster Grüner Europas in eine Stadtregierung ein.

Aufstieg auf die nationale Ebene

1988 wurde er Bundesgeschäftsführer der Grünen, 1990-1992 Klubobmann im Parlament. Gegen die EU wetterte Voggenhuber mit Leidenschaft, ehe sich die Österreicher mit Zwei-Drittel-Mehrheit für den Beitritt entschlossen. Das veranlasste Voggenhuber zum Umdenken. Trotz aller Kritik an den Missständen wurde er zum Befürworter der Union. Er zog als Solist ins EU-Parlament ein, dem er von 1995 bis 2009 angehörte.

Einer breiteren europäischen Öffentlichkeit bekannt wurde Voggenhuber als Mitglied des Verfassungskonvents, der den Entwurf für die später von Franzosen und Niederländern verworfene EU-Verfassung erstellte. In dieser Rolle sowie in der nachfolgenden Debatte um den Lissabon-Reformvertrag wurde Voggenhuber zu einem der schärfsten Kritiker des in der EU üblichen Verfahrens von Regierungskonferenzen zur Änderung von Verträgen. So wetterte er gegen das "Regierungseuropa", die "Kurfürsten" und die "inneren Feinde Europas", immer wieder drängte er auf eine stärkere Mitbeteiligung der Parlamente.

2009 - Das vorläufige Ende einer Karriere

Beim Bundeskongress im Jänner 2009 zog er gegen Ulrike Lunacek den Kürzeren, die mit Unterstützung der Parteispitze Spitzenkandidatin für die EU-Wahl wurde. Voggenhuber zog sich empört zurück, nicht ohne sich über "sexistische" Untertöne in der Diskussion um seine Person (er sah sich etwa als "Silberrücken" geschmäht) zu beschweren. Wenig später versuchte er, mit einer Solidaritätskandidatur vom letzten Listenplatz aus mittels Vorzugsstimmen doch wieder ein Mandat in Brüssel zu holen. Aber der Erweiterte Bundesvorstand machte ihm einen Strich durch die Rechnung.

Voggenhuber gab nach dem Scheitern seiner Kandidatur nicht einmal eine Wahlempfehlung für die Grünen ab. Während die Grünen mit ihm als Zugpferd regelmäßig Wahlerfolge feierten und 2004 mit 12,9 Prozent überhaupt das beste bundesweite Ergebnis erzielten, erlitten sie beim Urnengang am 7. Juni 2009 den größten Verlust auf Bundesebene seit ihrem Bestehen. Sie konnten erst nach Auszählung der Briefwahlstimmen ihr zweites Mandat halten.

In der Innenpolitik teilte er immer schon regelmäßig aus. Kritik heimsten nicht nur die anderen Parteien ein, sondern auch die Grünen. Voggenhuber zog vor allem in den vergangenen Jahren teils gnadenlos über die Parteispitze - allen voran den früheren Bundessprecher Alexander Van der Bellen und dessen Nachfolgerin Eva Glawischnig - her. Den Rauswurf der Grünen aus dem Nationalrat bezeichnete er als selbst verschuldete "Tragödie".

In den vergangenen Jahren war es um Voggenhuber eher still geworden. Nun darf er wieder unbequem sein.