Das Europarlament in Straßburg stimmte über ein Verkaufsverbot für Einweg-Kunststoffartikel ab, der Vorschlag wurde mit großer Mehrheit angenommen. Jetzt muss noch der Rat zustimmen. So sollen jene zehn Wegwerfprodukte, die am häufigsten an Europas Stränden gefunden werden und über 70 Prozent der Abfälle im Meer ausmachen, ab 2021 verboten werden.

Darunter fallen etwa Teller, Besteck, Strohhalme, Rührstäbchen, Wattestäbchen oder Haltestäbchen für Luftballone. Auch sehr leichte Plastiksackerln, Produkte aus solchen Materialien, die sehr schnell fragmentieren, aber biologisch nicht abgebaut werden und in der Nahrungskette landen, sowie Fast-Food-Behälter wurden vom Umweltausschuss des Parlaments in die Liste verbotener Produkte aufgenommen. Zudem sollen Maßnahmen zur Reduzierung von Abfällen aus Tabakerzeugnissen eingeführt werden.

In Kraft treten kann das Verkaufsverbot für Einwegplastik erst nach der Zustimmung des Europäischen Rates. Aus Ratskreisen hieß es zuletzt, dies sei jedenfalls "eine Priorität der österreichischen Ratspräsidentschaft". Beim Umweltrat vor zwei Wochen hatte Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) betont, es sei wesentlich, die "Vermüllung der Meere" zu beenden.

Details noch ausständig

Klärungsbedarf bestehe noch in der Ausgestaltung der Produktkategorien und in welchem Ausmaß die Hersteller für die Kosten der Vermüllung heranzogen werden, so Köstinger. Einigkeit herrsche im Rat aber darin, dass wirksame Maßnahmen ergriffen werden müssten.

Der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs sieht in der Richtlinie nicht das richtige Instrument für die Lösung des Abfallproblems im Meer. Er propagiert funktionierende Abfallmanagementsysteme sowie Konsumentenbewusstsein als zielführende Maßnahmen. Darüber hinaus gab der Verband zu bedenken, dass die Einwegkunststoff-Richtlinie das Recycling erschweren werde, da auch Produkte aus Recyclingmaterial von den Verboten betroffen sind. "Daher bietet die Richtlinie keine stabilen Rahmenbedingungen für Unternehmen, die in Recyclingtechnologien investieren", hieß es in einer Aussendung.

Reaktionen

Eu-Abgeordneter Lukas Mandl (ÖVP) sagte, eine möglichst nachhaltige Lösung für eine weit reichende Reduktion von Plastikmüll sei Gebot der Stunde: "Hier hat Europa eine Vorbildfunktion: das im Plastikmüll buchstäblich versinkende Indien - manche Gewässer führen ebensoviel Plastik wie Wasser - verbietet ab dem Jahr 2022 Einweg-Plastiksackerl. Für uns ist klar: Überall, wo es gute Alternativen zum Plastik gibt, gibt es keinen Grund, Einwegplastik zu verwenden. Beispiele sind Wattestäbchen, Plastikbesteck oder Plastik-Strohalme. In anderen Bereichen sind Reduktionsziele oder eine gemeinsame Verantwortung von Herstellern, Handel und uns Verbrauchern für die Sammlung und das Recycling von Plastikprodukten."

Barbara Kappel (FPÖ) hat einige kritische Anmerkungen: "Die Richtlinie sieht vor, dass bestimmte Einwegkunststoffe verboten werden. Sinnvoll sind solche Verbote aber erst, wenn es für diese Kunststoffprodukte Alternativen gibt. Dabei soll es den Mitgliedstaaten überlassen werden, welche Instrumente sie zur Erreichung der Reduktionsziele anwenden. Ebenso soll sichergestellt werden, dass bis 2025 mindestens 90 Prozent der Getränkeflaschen gesammelt werden. Das System der Herstellerverantwortung soll ausgeweitet und neue Kennzeichnungsanforderungen für drei Produktkategorien eingeführt werden", so Kappel. All diese Maßnahmen sollen mithelfen, bis 2030 Umweltschäden in Höhe von 22 Milliarden Euro zu vermeiden und 2,6 Millionen Tonnen an CO2-Äquivalent einzusparen. Den Unternehmen entstehen dadurch Compliance-Kosten von zwei Mrd. und der Abfallwirtschaft von 510 Millionen Euro, während für die Verbraucher eine Ersparnis von 6,5 Mrd. Euro vorgesehen ist. "Keine Information liefert die Kommission über die Durchführungskosten der erweiterten Herstellerverantwortung und deshalb ist hier ganz besonders auf das Prinzip der Proportionalität zu achten", erklärte Kappel.

Martin Häusling, Mitglied im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments: „Das Europäische Parlament geht mit einem starken Mandat in die Verhandlungen über weniger Plastikmüll auf unserem Planeten. Der Plastikmüll an Land und in den Meeren gefährdet die Gesundheit der Menschen, tötet Tiere und verschmutzt die Umwelt. Nachgewiesene Mikroplastikpartikel im menschlichen Körper sind das Alarmzeichen, um das Ende der Kunststoffflut einzuläuten. Die EU-Länder müssen sich auf strenge Ziele für weniger Plastik einlassen und ökologische Alternativen fördern. Eine Welt ohne Wegwerfwahn ist möglich.“

Karin Kadenbach (SPÖ): „Die Vermüllung unserer Meere ist eine Umweltkatastrophe, die uns alle betrifft. Wenn wir nicht handeln, wird es bis 2050 mehr Kunststoff als Fische in den Meeren geben. Die Tonnen an Plastik bedrohen nicht nur unsere Umwelt, sondern auch unsere Gesundheit.“ Mit der heute verabschiedeten Richtlinie sollen die häufigsten Plastik-Wegwerfprodukte verboten werden. Gleichzeitig wird ein Fokus auf Sammlung, Recycling und bessere Kennzeichnung durch die HerstellerInnen gelegt. „Vor kurzem haben Wiener ForscherInnen erstmals Mikroplastik im menschlichen Darm nachgewiesen. Die heutige Abstimmung ist ein wichtiges Signal. Wir greifen den Wunsch vieler BürgerInnen auf, endlich konkrete Maßnahmen gegen die immer größer werdenden Plastikmüllberge zu ergreifen. Vom Wattestäbchen über den Plastik-Löffel - Plastik, das nur einmal verwendet wird, müssen wir drastisch reduzieren. Nachhaltige Alternativen gibt es für viele Einwegprodukte und wir alle müssen umdenken hin zu einem besseren Recyceln über die Vermeidung von Produkten“, so die SPÖ-Europaabgeordnete