Vor Kurzem überraschte Österreichs Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) mit einem neuen Vorstoß: Er will die Asyl-Prüfung auf Schiffen im Mittelmeer vornehmen - eine neue Variante der Insel-Idee.

In der Debatte um die Machbarkeit von Asylcamps in Afrika hat sich Innenminister Kickl nun dafür ausgesprochen, die Schutzwürdigkeit von Asylbewerbern künftig bereits auf jenen Schiffen zu prüfen, die sie aus dem Mittelmeer gerettet haben. "Das hat nebenher den Vorteil, dass die Schiffe für weitere Schleppereien aus dem Verkehr gezogen werden", sagte Kickl am Freitag in Wien.

Kickl will Asylprüfungen auf Schiffen im Mittelmeer

Der Innenminister äußerte sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem italienischen Amtskollegen Matteo Salvini am Rande einer EU-Afrika-Konferenz. Sein Vorschlag sei, "dass man die Schiffe gleich benutzt, um die Überprüfungen auf Schutzbedürftigkeit durchzuführen", sagte Kickl.

Salvini distanzierte sich scherzhaft von der Idee. Man sollte die Migranten nicht auf den Schiffen kontrollieren, denn: "Da könnte man angeklagt werden, dass man die Personen gefangen hält."

Um ca. 16.15 Uhr traten Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Salvini vor die Presse.

Salvini offen für österreichisches Doppelpass-Vorhaben

Das Treffen der EU-Innenminister in Wien wird von Misstönen überschattet. So kritisierte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), dass EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos in der Sache der Ausschiffungsplattformen in Afrika schon "die Flinte ins Korn" geworfen habe und damit ein schlechtes Signal aussende.

"Scheiße nochmal"

Bei der Plenarsitzung der Minister am Vormittag kam es zudem zu einem Eklat zwischen dem italienischen Vizepremier Matteo Salvini und dem luxemburgischen Außen- und Innenminister Jean Asselborn. Dieser reagierte mit einem erbosten "Scheiße nochmal" darauf, dass Salvini eine Aussage Asselborns zur Einwanderungspolitik karikiert hatte.

Salvini hatte sich über Asselborns Aussage mokiert, wonach die alternde Bevölkerung Europas Zuwanderung brauche. Er habe eine ganz andere Weltsicht, so Salvini. "Ich arbeite lieber dafür, dass die italienischen und europäischen Jugendlichen mehr Kinder in die Welt setzen, weil ich keine neuen Sklaven will", zitiert ihn die "Presse".

Darauf fiel ihm Asselborn mit dem Ausruf "merde alors" ins Wort. Zahlreiche italienische Migranten seien in den letzten Jahren nach Luxemburg gekommen, "weil ihr nicht für eure Kinder sorgen konntet in Italien", zitiert ihn die Presse. Beim Abschlussfoto sei Asselborn danach ferngeblieben, während sich Salvini zwischen Kickl und Avromopoulos postierte.

Kickl und Avramopoulos bei Afrika-Camps weiter unterschiedlicher Meinung

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz zuvor mit EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos wurde bereits kalmiert. Kickl äußerte sich dort positiv über dessen jüngste Vorschläge zur EU-Asylpolitik. "Ich bin sehr froh über die Stoßrichtung, die eingeschlagen wurde."

"Danke für Deine Unterstützung, Herbert", reagierte der griechische Politiker, der wenige Stunden zuvor öffentlich von Kickl kritisiert worden war.

"Keine Absagen"

Beide ließen dennoch weiter unterschiedliche Einschätzungen der Lage erkennen. Während Avramopoulos neuerlich sagte, dass noch kein afrikanisches Land seine Bereitschaft für Migrantencamps erklärt habe, betonte Kickl: "Es gibt keine Absagen. Sehen wir das einmal so." Er sei "überrascht über die Ungeduld, die hier herrscht", verwies der Innenminister neuerlich darauf, dass der Plan erst vor zwei Monaten beschlossen worden sei. Wenn man sich vor Augen halte, dass schon seit dem Jahr 1999 über ein gemeinsames europäisches Asylsystem diskutiert werde, "dann sind zwei Monate nichts dagegen".

Kickl betonte, dass es darum gehe, "das eine oder andere Missverständnis auszuräumen". So wollten die EU-Staaten keine Territorialansprüche stellen. Ziel sei es aber, die betroffenen Länder zu unterstützen, die wiederum "eine Kettenreaktion in Gang setzen, wie wir es auch im Bereich des Westbalkan geschafft haben", hob der FPÖ-Politiker mehrmals die Kooperation mit den Staaten der Region als Vorbild für die künftige EU-Afrika-Politik hervor.

"Nicht kapitulieren"

"Ich bin guter Dinge, dass wir hier auf den berühmten grünen Zweig kommen", zeigte sich Kickl ermutigt von dem "breiten" und "offenen" Dialog bei dem EU-Afrika-Treffen. "Wenn wir es anders sehen, müssen wir die weiße Flagge aushängen. Das würde bedeuten, dass wir vor der internationalen Schlepperkriminalität kapitulieren". Mittel- und langfristig gehe es darum, "dass wir nur diejenigen auf europäischen Boden bringen, wo wir festgestellt haben, dass der Schutz besteht", bekräftigte Kickl das umstrittene Konzept, wonach kein Asylantrag in der EU mehr gestellt werden dürfe.

"Niemand hat nein gesagt, aber bisher hat auch niemand ja gesagt", bekräftigte Avramopoulos seine Skepsis zur Errichtung von Flüchtlingslagern in Afrika. "Plattformen sind unmöglich, aber Kooperation ist natürlich möglich", sagte er. Avramopoulos hob in seinem Beitrag auch die Notwendigkeit hervor, legale Migrationswege zu öffnen und die Wirtschaft in Afrika zu stärken. Es dürfe nicht zu einem "Outsourcing" in der Migrationsfrage kommen, betonte er.

"Vertrauensvolle Zusammenarbeit"

"Wir müssen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit schaffen, weil wir letztlich alle im selben Boot sind", unterstrich Avramopoulos. Die vom EU-Ratsvorsitz veranstaltete Konferenz lobte er als "sehr wichtig". Auch Kickl sagte, dass die Kooperation mit Drittstaaten essenziell für die Lösung der Migrationsfrage sei. "Es ist illusorisch davon auszugehen, dass wir die Migrationsfrage in ein gutes Fahrwasser bringen können, wenn es uns nicht gelingt, mit den Drittstaaten auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen", so Kickl.