Im Rennen um das Amt des konservativen Parteichefs und künftigen britischen Premierministers hat Boris Johnson seinen Vorsprung erneut ausgebaut. Der ehemalige Londoner Bürgermeister und Außenminister erhielt am Mittwoch 143 der 313 Stimmen aus der Tory-Fraktion.

Ebenfalls eine Runde weiter sind Außenminister Jeremy Hunt (54 Stimmen), Umweltminister Michael Gove (51) sowie Innenminister Sajid Javid (38). Nicht mehr im Rennen ist dagegen Entwicklungshilfeminister Rory Stewart, der nur 27 Stimmen erhielt und damit hinter sein Ergebnis aus der zweiten Runde zurückfiel.

160.000 stimmen ab

Johnson erhielt damit genauso viele Stimmen wie die drei übrig gebliebenen Bewerber zusammen (143:143). Donnerstag soll in zwei weiteren Wahlgängen die Anzahl der Bewerber auf zwei reduziert werden. In einer Stichwahl haben dann die 160.000 Parteimitglieder das letzte Wort. Johnson gilt als gesetzt. Die Frage ist, wer letztlich gegen ihn antritt. Bis Ende Juli soll der neue britische Regierungschef feststehen.

Wortführer des Brexit

Johnson war einer der Wortführer für den Brexit vor der Volksabstimmung im Jahr 2016. Die Briten hatten sich damals mit knapper Mehrheit für die Trennung von der EU ausgesprochen. Doch der Austritt musste zwei Mal verschoben werden, weil sich im Parlament keine Mehrheit für das von Premierministerin Theresa May mit Brüssel ausgehandelte Brexit-Abkommen fand. Die Frist für die Loslösung von der EU wurde inzwischen bis 31. Oktober verlängert.

Ob Johnson erfolgreicher wäre als May, scheint aber zweifelhaft. Er will das Brexit-Abkommen nachverhandeln. Die EU lehnt das kategorisch ab. Einziger Ausweg, um den Austritt trotzdem rechtzeitig zu vollziehen, wäre ein No-Deal-Brexit, auf den viele Johnson-Unterstützer hoffen. Experten rechnen für diesen Fall jedoch mit drastischen Konsequenzen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche.

Wunschkandidat Farage

Ein großer Teil der konservativen Parteimitglieder gilt als Brexit-Hardliner. Knapp die Hälfte sähe sogar den Chef der neuen Brexit-Partei, Nigel Farage, gern an der Spitze der Tories, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zeigte. Eine Mehrheit der Tory-Mitglieder würden demnach auch eher ein Auseinanderfallen des Vereinigten Königreichs in Kauf nehmen mit Abspaltungen Schottlands (63 Prozent) und Nordirlands (59 Prozent), als den Brexit aufzugeben.