"Wenn es so weiter geht, halte ich es nicht mehr aus. Dann kommt doch noch Plan B zum Einsatz." Plan B – das heißt Kofferpacken. "Plan C – Sklaven eines diktatorischen Russlands zu werden oder zu sterben, kommt nicht infrage," sagt Elena. Vor fast genau einem Jahr, als die russische Armee am 24. Februar in der Ukraine einfiel, war es bereits so weit. Die junge Lehrerin in der Republik Moldau raffte ihre Habseligkeiten zusammen, bereit zur Flucht ins angrenzende Rumänien. Als russische Fallschirmjäger nahe Kiew landeten, um die Regierung Selenskyj zu stürzen, rechneten auch in Moldau viele mit dem Schlimmsten. Moldau war einst, wie die Ukraine, eine Sowjetrepublik, die sich 1991, nach dem Zerfall der UdSSR, für unabhängig erklärte.

Heute ist die kleine Republik demokratisiert; 1994 hat sie ihre Neutralität in der Verfassung festgeschrieben. Wie in der Ukraine kam bei demokratischen Wahlen eine proeuropäische Präsidentin – Maia Sandu – an die Macht; sie siegte 2020 über den prorussischen Amtsinhaber. Im Parlament hält seit 2021 ihre proeuropäische Partei eine klare Mehrheit.

Im Vorjahr blieb Elena bei Plan A. "Die Ukrainer haben die russische Armee ausgebremst, und ich bin in Chisinau, meiner Heimatstadt geblieben." Vorigen Sonntag hat Präsidentin Sandu nun in einer Ansprache die Bürger über Geheimdiensterkenntnisse informiert, wonach Russland einen gewaltsamen Umsturz in der Republik Moldau plane. "Das macht mir Angst", sagt Elena und nestelt fahrig an ihrem Haar. Moldau fürchtet, Putins nächstes Opfer zu werden.