Trotz der stetigen Polarisierung des US-amerikanischen politischen Systems herrscht bei der Außen- und Verteidigungspolitik nach wie vor ein breiter überparteilicher Konsens. Doch es gibt Anzeichen, dass dieser zu bröckeln beginnt. Manifestieren dürfte sich das aber erst nach der nächsten Präsidentschaftswahl 2024. In den nächsten zwei Jahren dürfte sich diesbezüglich wenig ändern – auch wenn die genauen neuen Mehrheitsverhältnisse nach den Midterms noch nicht ganz geklärt sind.

Zum einen liegt der außen- und verteidigungspolitische Fokus nach wie vor auf China. Peking wird überparteilich als Washingtons Hauptrivale im strategischen Wettbewerb angesehen. Tatsächlich ist die Chinapolitik Joe Bidens in vielerlei Hinsicht eine Fortsetzung der Politik seines Vorgängers Donald Trump. Sowohl in der Handels- und Industriepolitik als auch in der Außen- und Verteidigungspolitik. Siehe etwa die Unterstützung von Taiwan in der Form direkter Militärhilfe und dem Verkauf von Rüstungsgütern.

Keine bedingungslose Unterstützung

Dazu werden die USA die Ukraine auch weiterhin unterstützen, wenn auch in reduziertem Ausmaß. Seit Kriegsbeginn unterstützte man Kiew mit mehr als 66 Milliarden US-Dollar. Der neue Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, machte aber vor der Wahl klar, dass es keine bedingungslose Unterstützung für die Ukraine mehr geben wird. Bei der Abstimmung über ein 40-Milliarden-Hilfspaket im Mai stimmten ein Viertel der Republikaner im Repräsentantenhaus sowie ein Fünftel im Senat dagegen. Kritische Stimmen bei den Republikanern werden lauter, im Moment überwiegt aber der Pro-Ukraine-Flügel, das dürfte sich in den nächsten zwei Jahren auch nicht ändern.

Munitionsbestände sinken

Dennoch, selbst in einer militärischen Supermacht wie den USA sinken die Munitionsbestände, und die Rüstungsindustrie kommt nur schwer mit der eigenen Produktion nach. In Anbetracht der Tatsache, dass China und nicht Russland als Hauptgegner der USA gilt, warnen Politiker beider Parteien vor einer uneingeschränkten militärischen Unterstützung, die das Land kurzfristig im Ernstfall verteidigungsunfähig machen würde.
Weiterhin einig sind sich Republikaner und Demokraten, dass die USA die führende Rolle in der westlichen demokratischen Welt innehaben sollen. Zwar gibt es bei beiden Parteien einen wachsenden Trend in Richtung Isolationismus, verstärkt durch die stetige Polarisierung des politischen Systems und einen anhaltenden Kulturkampf. Dennoch herrscht ein breiter Konsens, was die internationale Ordnung betrifft. So gibt es zum Beispiel keine lauten Aufrufe nach einer Auflösung der Nato oder anderer internationaler Institutionen. Auch in dieser Hinsicht ändert sich hier wenig – zumindest in den nächsten zwei Jahren.