Auf zwei Hauptgebiete konzentriert sich das Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel: Zum einen sucht man gemeinsame Wege, die Kapazitäten der Rüstungsindustrie zu erweitern und akkordiertes Beschaffungswesen einzuführen, zum anderen geht es um die gemeinsame Position im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. In diesem Punkt ist die Reaktion klar und deutlich: US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sagte langfristige Militärhilfe zu.

"Unsere Entschlossenheit, die ukrainischen Verteidiger zu unterstützen, gilt für alle Jahreszeiten." Mit ähnlichen Worten drückte es gestern auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg aus: "Wir unterstützen die Ukraine, solange es nötig ist." Seine tags zuvor gemachte Bemerkung, "ein Sieg Russlands ist gleichbedeutend mit einer Niederlage der Nato" war im Kreml umgehend als Beleg dafür ausgelegt worden, dass die Nato aufseiten der Ukraine aktiv kämpfe, eine Nato-Aufnahme der Ukraine könnte zu einem Drittem Weltkrieg führen.

"Nie dagewesene Konsequenzen"

Die Drohungen Russlands mit dem Einsatz taktischer Nuklearwaffen werden als an Drittländer adressiert verstanden, um diese davon abzuhalten, in den Krieg einzugreifen. Eine Drohung, auf die die Nato eine klare Antwort hat. Sollte die Regierung in Moskau tatsächlich Kernwaffen einsetzen, würde dies eine "physische Antwort" der Verbündeten der Ukraine und möglicherweise auch der Nato selbst zur Folge haben, wird ein Insider in der APA zitiert.

Der Schritt würde "noch nie da gewesene Konsequenzen" für Russland nach sich ziehen. Das hatte zuvor schon der ehemalige Viersternegeneral und CIA-Direktor David Petraeus bestätigt. Die USA hätten Russland über mehrere Kanäle mitgeteilt, dass der Westen "alle konventionellen russischen Truppen auf den Schlachtfeldern der Ukraine und die russische Schwarzmeerflotte ausschalten würde". Sollte sich Radioaktivität auf Nato-Gebiet ausweiten, könnte durchaus Artikel 5 (die Beistandspflicht der Nato-Verbündeten) aktiviert werden.

European Sky Shield – ohne Österreich

Zunächst aber haben die westlichen Länder der Ukraine weitere Waffenlieferungen zugesagt, dabei geht es unter anderem um die dringend benötigten Luftabwehrsysteme. Auch Deutschland will nach Jahreswechsel drei weitere Luftabwehrsysteme vom Typ IRIS-T liefern.
Parallel dazu laufen die Gespräche immer intensiver in Zusammenhang mit einem von Deutschland initiierten gemeinsamen europäischen Luftverteidigungssystem (European Sky Shield). In einer gemeinsamen Absichtserklärung wollen am Rande des Nato-Treffens ein Dutzend Länder (darunter laut "Spiegel" viele Länder im Osten, nicht aber Polen) eine Absichtserklärung unterzeichnen. Österreich, ohnehin kein Nato-Mitglied, ist nicht dabei. Beim Ministertreffen nehmen bereits die künftigen Mitglieder Schweden und Finnland teil, allerdings liegt ein Schatten darüber: Nach wie vor hat die Türkei noch keine Ratifizierung durchgeführt, die sie für beide Länder an Bedingungen geknüpft hat.

Ausbau der Kapazitäten der Rüstungsindustrie

Weiteres Thema des Verteidigungsministertreffens sind gemeinsame Anstrengungen zum Ausbau der Kapazitäten der Rüstungsindustrie. Zudem soll es nach den mutmaßlichen Sabotageakten gegen die Erdgasleitungen Nord Stream 1 und Nord Stream 2 um zusätzlichen Schutz für kritische Infrastruktur gehen. Dazu werden neben Pipelines beispielsweise auch Stromnetze und Datenkabel gezählt.