Hyperschallraketen sind genauso wie ballistische Raketen mit Atomwaffen bestückbar, allerdings fliegen sie in einer niedrigeren Umlaufbahn. Zudem sind sie ferngesteuert und können ihre Flugbahn ändern, was einen Abschuss durch Raketenabwehrsysteme deutlich erschwert. Um die Entwicklung dieser Flugkörper entbrannte ein Wettlauf zwischen den USA, Russland und China. Daneben sollen noch Nordkorea und mindestens vier weitere Länder an der Hyperschalltechnologie arbeiten.

Als erstes Land der Welt entwickelte Russland diesen Raketentyp. Ziel Moskaus war es, den in Europa stationierten US-Raketenschild auszutricksen. Die Kinschal (Dolch) erreicht mit Mach 10 rund 12.000 Kilometer pro Stunde und kann Ziele erreichen, die sich zwischen 1000 und 2000 Kilometern Entfernung befinden. Ausgerüstet werden mit diesem Raketentyp MiG-31 – die Reichweite verlängert sich damit um die zurückgelegte Flugstrecke der Kampfflugzeuge russischer Bauart.

Zudem besitzt Moskau mit Raketen des Typs Awangard und Zirkon noch weitere Hyperschallwaffen. Awangard erreicht eine Geschwindigkeit von bis zu 33.000 Kilometern pro Stunde, kann mit einem atomaren Sprengkopf bestückt werden und nach russischen Angaben sogar Ziele in 6000 Kilometern Entfernung treffen.

Was ist der Vorteil?

Hyperschallraketen sind nicht unbedingt schneller als ballistische Raketen, sie fliegen in niedrigerer Höhe und werden durch die Erdatmosphäre abgebremst. Ihr großer Vorteil gegenüber ballistischen Raketen besteht darin, dass sie gut steuerbar und somit für den Gegner unberechenbar sind.

Der Erfolg Russlands bei der Entwicklung der Hyperschallraketen brachte andere Staaten wie Nordkorea und China dazu, ihr Programm für diesen Raketentyp zu beschleunigen. Inzwischen haben beide Länder nach eigenen Angaben Hyperschallraketen getestet. Auch in den USA wird an der Entwicklung dieser Raketen gearbeitet.

Wie die "Süddeutsche Zeitung" vor zwei Jahren schrieb, interessiert sich das US-Pentagon schon seit Beginn des Kalten Kriegs für steuerbare Hyperschallwaffen, scheiterte aber regelmäßig an technischen Hürden bei Antrieb, Kontrolle und Hitzebeständigkeit. Sorgen bereitet den Strategen auch, dass es gegen diese Waffe kaum Schutz gibt. US-Militärsatelliten können zwar zuverlässig jeden Start von Interkontinentalraketen und Marschflugkörpern detektieren. Eine raketenverstärkte Hyperschallwaffe würden sie aber aus den Augen verlieren, sobald sie sich von ihrer Trägerrakete gelöst hat, berichtete die Zeitung.

Nun soll Russland laut eigenen Angaben erstmals im Kampf diese Waffe eingesetzt haben. Im Gebiet von Iwano-Frankiwsk habe eine "Kinschal" ein Raketenarsenal zerstört. Es ist das erste Mal seit Beginn des Ukraine-Krieges, dass Russland von dem Einsatz seiner neuen ballistischen Luft-Boden-Rakete berichtet. Bisher kamen die Waffen vor allem bei Manövern zum Einsatz – zuletzt wenige Tage vor der Invasion in die Ukraine, die am 24. Februar begonnen hat. Überprüfbar sind diese Angaben allerdings nicht.

Ein im Vorsommer von China getestetes Hyperschall-Raketensystem soll Medienberichten zufolge während des Flugs selbst ein Projektil abgefeuert haben. China habe im Juli eine Rakete gestartet, welche die Erde in einer niedrigen Umlaufbahn umkreist und dann einen Hyperschall-Gleitflieger lanciert habe, berichtete das "Wall Street Journal" Ende November 2021 unter Berufung auf US-Vertreter. Dieser Gleitflieger wiederum habe dann bei fünffacher Schallgeschwindigkeit ein Projektil abgefeuert.

Das sei ein Unterfangen, das "die Grenzen der Physik" verschiebe und zu dem mutmaßlich kein anderes Land in der Lage sei, so die Zeitung damals. Dem Bericht zufolge ist unklar, wozu das von dem Hyperschall-Gleitflieger abgefeuerte Projektil dient. Es könnte demnach dazu eingesetzt werden, um Raketenabwehrsystem zu verwirren – oder um selbst ein Ziel anzugreifen.