Vom Dach des Österreichischen Hospizes genießt man einen einzigartigen Blick über Jerusalem. Bundeskanzler Werner Faymann, Staatssekretär Josef Ostermayer und die neue Chefin des Jüdischen Museums, Danielle Spera, lassen sich bei herrlichstem Wetter das kundigem Mund erklären. Doch die trügerische Idylle wird jäh unterbrochen durch die messerscharfe Bemerkung von Ariel Muzicant, dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde. "Die Araber wollen alles von Jerusalem haben, die Israelis wollen nichts hergeben. Wie soll es da jemals Frieden geben?"

Seit mehr als 60 Jahren wartet man vergeblich auf Frieden. Selbst wenn die Waffen schweigen, ist es nie mehr als ein kalter Friede. Faymann ist der erste westliche Regierungschef, der seit der israelischen Kommandoaktion vor der Küste von Gaza die Spitzen des Landes, Präsident Shimon Peres, Premierminister Benjamin Netanjahu und Außenminister Avi Liebermann, besucht. Anders als österreichische Politiker früher spielt sich Faymann nicht als der große Vermittler auf, sondern versteht sich als verlängerter Arm der EU.

"Bereit Zöllner abzustellen"

In einem Punkt lässt der Kanzler allerdings aufhorchen. "Wir fordern die sofortige Beendigung der Blockade von Gaza. Sollte die EU eine Rolle bei der Kontrolle der Übergänge zufallen, sind wir Österreicher bereit, Zöllner dafür abzustellen." Entsprechende Vorgespräche im Hauptausschuss habe es bereits gegeben, die Zöllner stellt das Finanzministerium. Israel hat zwar in den letzten Tagen die Blockade etwas gelockert, lässt nach wie vor eine Menge von Gütern mit dem Argument nicht durch, diese könnten auch für militärische Aktionen gegen Israel zweckentfremdet werden. "Es muss sichergestellt werden, dass keine Waffen hineingeschmuggelt werden", betont Faymann.

Dass Faymann wegen der gewaltsamen Erstürmung der "Gaza-Solidaritätsflotte" den Besuch am Mittwoch in Israel und am Donnerstag bei den Palästinensern zeitlich gestrafft hat, stößt nicht nur auf Zustimmung: "Man hätte sich ein viel besseres Bild der Situation machen können, wenn man nicht nur Politiker, sondern auch Land und Leute getroffen hätte", so die unverblümte Kritik von Muzicant, der der Delegation angehört. Innerhalb der SPÖ hatte es auch Stimmen für eine Absage des Besuchs gegeben.

Opfer und Täter

Natürlich nimmt auch der Umgang mit der Vergangenheit breiten Raum ein. Zum Auftakt legt der Kanzler einen Kranz am Grab von Theodor Herzl nieder. Bis 1949 ruhte der in Budapest geborene, in Wien lebende und am Fuße der Rax verstorbene Begründer des Zionismus auf dem Doblinger Friedhof in Wien, ehe dessen Leichnam nach Israel überführt und an der höchsten Stelle in Jerusalem beigesetzt wurde. In Yad Vashem, der eindrucksvollen Holocaust-Gedenkstätte trägt sich der Kanzler ins Gästebuch ein: "Viele, die verfolgt, deportiert und getötet worden sind, waren Österreicher, aber viele Österreicher waren auch Täter." Bei der Klagemauer steckt Faymann - der Tradition entsprechend - einen Zettel mit einem Wunsch zwischen die Mauerritzen. Was oben steht? Wahrscheinlich der Wunsch nach Frieden in Nahost. Zum Abschluss trifft Faymann heute einige in Wien geborene Juden, die den Holocaust überlebt haben.