Ein Ungetüm entsteht dieser Tage an der Grenze zwischen dem Sinai und dem Gazastreifen. Die Regierung Ägyptens errichtet mit US-Hilfe eine rund elf Kilometer lange Stahlmauer. Die 50 Zentimeter dicken Platten, die angeblich weder geschweißt noch gesprengt werden können, sollen bis 30 Meter tief in den Boden reichen. So will Kairo den Waffenschmuggel und den unkontrollierten Kontakt mit den radikal-islamischen Machthabern im Gazastreifen kappen.

Tunnel als "Lebensader"

Für die Hamas ist der Bau dieser Mauer eine Hiobsbotschaft. Schätzungsweise 70.000 Bewohner des Gazastreifens verdienen ihren Lebensunterhalt dank rund 500 bis 1000 Tunnel, die sich acht bis fünfzehn Meter unterhalb der Grenze durch den sandigen Boden ziehen. Von Lebensmitteln über Treibstoff bis zu Medikamenten wird alles durch die Tunnel geschleust.

Die Hamas und ihre Verbündeten stellen sie deswegen gern als eine humanitäre Rettungsleine dar. "Wir bedrohen Ägypten nicht und wollen uns nicht in die inneren Gelegenheiten unserer Nachbarn einmischen." Doch nicht nur Handelsware, auch Waffen und Terroristen finden ihren Weg unterirdisch nach Gaza oder in die Ausbildungslager der iranischen Revolutionswächter. Die Hamas finanziert sich maßgeblich über die Steuer, die sie für die Betreibung der Tunnel erhebt. Sie wollen deswegen den Bau mit allen Mitteln verhindern.

Angst vor der Hamas

Ägypten errichtet die Mauer aber nicht, um Israel zu schützen. Vielmehr fühlt sich Kairo zusehends von der Hamas bedroht. "Die Israelis wollen uns die Verantwortung für den Gazastreifen zuschieben", zitierte die Zeitung Al-Ahram eine "hochrangige diplomatische Quelle". Ein Grenzzwischenfall 2007 den Ägyptern was es bedeutet, die Kontrolle zu verlieren. Damals strömten Tausende Gaza-Bewohner unkontrolliert ins Nachbarland.

Spätestens seit einer Reihe von Attentaten, in die auch Palästinenser aus Gaza verwickelt waren, und der Aufdeckung einer Hisbollah-Terrorzelle ist den Ägyptern die Gefahr bewusst, die vom unmittelbaren Kontakt zu Regime im Gazastreifen für sie ausgeht.