Der US-Präsident nimmt sich diesmal Zeit. Schon am Sonntagabend und damit zwei Tage vor seinem Auftritt bei der 78. Generaldebatte der Vereinten Nationen landete Joe Biden am John-F.-Kennedy-Flughafen in New York.

Welche Bedeutung der 80-jährige Demokrat dem UN-Treffen beimisst, macht aber nicht nur die zeitige Ankunft deutlich. Noch bevor Biden in Washington die Air Force One bestieg, hatte Adrienne Watson, die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, noch einmal wortreich erklärt, für wie wesentlich das Weiße Haus die am Dienstag beginnende Generaldebatte nach wie vor hält. "Der Präsident versteht, dass es sehr wichtig ist, persönlich da zu sein, um mit seinen Amtskollegen über zentrale Fragen zu beraten", sagte Watson.

Tatsächlich könnte das Treffen in New York für Biden in politischer Hinsicht durchaus lohnend sein. Denn von den fünf UN-Vetostaaten sind lediglich die USA auf allerhöchster Ebene am East River vertreten. So hat Chinas Staatschef Xi Jinping ebenso abgesagt wie der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premier Rishi Sunak. Und mit Kremlchef Wladimir Putin, gegen den ein internationaler Haftbefehl vorliegt, hatte schon im Vorfeld niemand gerechnet.

Biden hatte bereits beim G20-Gipfel in Indien versucht, die durch Putins und Xis Abwesenheit entstandene Lücke auszunutzen, um andere Staaten auf seine Seite zu ziehen. Bei der Generaldebatte, bei der es vor allem um den Kampf gegen den Klimawandel und mehr Unterstützung für den globalen Süden geht, dürfte der US-Präsident nun entsprechend die armen Länder Afrikas und Südamerikas im Blick haben. Deren Beziehungen zu den USA waren in den vergangenen Jahren oft belastet, viele Staaten wandten sich daraufhin Russland und China zu.

Biden wird aber auch beim zweiten Hauptthema der UN-Generaldebatte, dem nun schon 20 Monate dauernden Krieg in der Ukraine, entscheidend mitmischen. So ist für Donnerstag ein Treffen zwischen dem US-Präsidenten und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj eingeplant. Selenskyj, der davor ebenfalls bei der Generaldebatte sprechen soll, muss vor allem danach trachten, dass die finanzielle und militärische Unterstützung aus den europäischen Ländern und den Vereinigten Staaten nicht abreißt. So haben in den Vereinigten Staaten immer wieder Spitzenvertreter der Republikaner den Umfang der US-Waffenhilfe infrage gestellt.

Van der Bellen und Schallenberg in New York

Österreich wird diesmal in New York von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Außenminister Alexander Schallenberg vertreten werden, die beide schon am Dienstag mit UN-Generalsekretär António Guterres zu Beratungen zusammentreffen sollen.

Van der Bellen wollte zudem auch schon beim der Generaldebatte vorgelagerten "SDG Summit" das Wort ergreifen und zum Handeln drängen. Bei den SDG handelt es sich um 17 nachhaltige Entwicklungsziele, mit denen die internationale Staatengemeinschaft gemeinsam gegen Hunger, Armut oder die Erderwärmung ankämpfen will.
Schallenberg soll dann am Donnerstag vor dem UNO-Plenum sprechen. Vor dem Abflug nannte der Außenminister die aktuelle Generaldebatte einen "Stresstest für den Multilateralismus". "Wir erleben ein System, das Risse aufzeigt durch die Folgen des russischen Angriffskriegs und zweieinhalb Jahren der Pandemie. Wir haben die größte Anzahl an Konflikten seit dem Zweiten Weltkrieg", sagte Schallenberg.

In New York wird Schallenberg aber nicht nur bei der Generaldebatte reden, sondern auch zahlreiche bilaterale Gespräche mit starkem Fokus auf Afrika führen. So stehen für den Außenminister unter anderem Treffen mit seinen Amtskollegen aus Tunesien, Algerien und Côte d'Ivoire auf dem Programm. "Wir sind in einem Kampf der Angebote mit China, in einem Kampf der Narrative mit Russland. Und da müssen wir, glaube ich, sehr viel besser werden", sagte Schallenberg.