Die Waffenruhe im Sudan wird nach Angaben der paramilitärischen RSF-Miliz erneut um 72 Stunden verlängert. Sie gelte mit Ablauf der bisherigen Waffenruhe ab Mitternacht für weitere drei Tage, teilte ein Sprecher der RSF-Miliz am Sonntag mit. Ziel sei es, humanitäre Korridore offenzuhalten, damit die Menschen sich mit dem Nötigsten versorgen könnten und in sichere Gebiete gelangen könnten. Die Entscheidung sei eine Reaktion auf internationale und regionale Forderungen.

Von der Armee lag zunächst keine Stellungnahme vor. Die Waffenruhe blieb aber auch am Sonntag fragil. Armee und RSF-Miliz beschuldigten sich erneut gegenseitig, die Feuerpause gebrochen zu haben. Im Sudan kämpfen seit nunmehr zwei Wochen Armee-Einheiten unter dem Kommando von Militärmachthaber Abdel Fattah al-Burhan gegen die von General Mohamed Hamdan Daglo angeführte RSF-Miliz. Bei den Gefechten wurden nach offiziellen Angaben bereits mehr als 500 Menschen getötet und rund 4.600 verletzt. Es wird davon ausgegangen, dass die eigentliche Opferzahl viel höher ist. Unzählige Menschen sind wegen der Kämpfe zudem auf der Flucht. Westliche Länder haben ihre Staatsbürger per Flugzeug oder Schiffen in Sicherheit gebracht.

Großbritannien fliegt Menschen aus

Nach dem offiziellen Ende seiner Evakuierungsmission kündigte Großbritannien doch noch einen weiteren Flug für Menschen aus dem von schweren Kämpfen erschütterten Sudan an. An diesem Montag solle eine Militärmaschine in der Hafenstadt Port Sudan starten, erklärte das Außenministerium in London am Sonntag. Bisher seien 2.122 Menschen mit 23 Flügen vom Flugplatz Wadi Saeedna nahe der Hauptstadt Khartum ausgeflogen worden. Eigentlich hatte die britische Regierung betont, die Mission sei beendet.

Außenminister James Cleverly kündigte an, die Rettungsbemühungen würden fortgesetzt. "Wir tun alles in unserer Macht Mögliche, um einen langfristigen Waffenstillstand, einen stabilen Übergang zu einer Zivilregierung und ein Ende der Gewalt im Sudan zu erreichen", sagte Cleverly. Die irische Regierung teilte mit, dass insgesamt 209 Bürgerinnen und Bürger aus dem Sudan evakuiert worden seien.

Hilfsflug des Roten Kreuzes gelandet

Unterdessen ist am Sonntag erstmals ein Hilfsflug des Roten Kreuzes in dem nordostafrikanischen Land gelandet. Es seien acht Tonnen lebensrettende medizinische Güter nach Bur Sudan transportiert worden, teilte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mit. In dem aus Jordanien kommenden Flugzeug waren den Angaben zufolge unter anderem chirurgische Instrumente zur Unterstützung sudanesischer Krankenhäuser sowie für die Freiwilligen der Sudanesischen Rothalbmondgesellschaft (SRCS), die bei Kämpfen verletzte Menschen medizinisch versorgen. Auch Narkosemittel und Wundverbände seien geliefert worden.

Sowohl die Europäische Kommission als auch das UNO-Welternährungsprogramm (WFP) warnten am Sonntag vor einer Ausweitung des Konfliktes im Sudan und seiner Auswirkungen auf die Region. "Das Risiko, dass die Krise auf umliegende Staaten in der Region übergreift, ist reell", sagte der für humanitäres Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic der "Welt am Sonntag". An den Sudan grenzten weitere Staaten, die "höchst fragil" sind. "Die Konsequenzen wären desaströs. Das kann niemand wollen - darum muss die erste Priorität sein, die beiden Kriegsparteien zur Vernunft zu bringen", sagte er.

Humanitäre Krise befürchet

Die anhaltende Gewalt im Sudan könnte auch die gesamte Region in eine humanitäre Krise stürzen. "Im Land hungerte schon vor Ausbruch der Kämpfe ein Drittel der Bevölkerung, nun fehlt es an allem und die Preise für Nahrung schießen in die Höhe", sagte der WFP-Direktor in Deutschland, Martin Frick. Auch in den Nachbarländern Tschad und Südsudan komme es zu ähnlichen Preisanstiegen.

Beide Länder hätten seit Beginn der Kämpfe im Sudan bereits Tausende Flüchtlinge aufgenommen. "Im Südsudan, das klimabedingt gleichzeitig in Überschwemmungen versinkt und andernorts vertrocknet, sind die Preise für Nahrungsmittel in kürzester Zeit um 28 Prozent gestiegen", sagte Frick. Hinzu komme die angespannte Situation am Horn von Afrika, in der nach sechs ausgefallenen Regenzeiten die Not ebenfalls auf einem Rekordniveau sei.