Es ist ein historischer Vorgang mit immenser politischer Sprengkraft. Zum ersten Mal überhaupt klagt eine Staatsanwaltschaft einen Ex-Präsidenten der USA an. Dieser Ex-Präsident ist der Republikaner und aktuelle Präsidentschaftsbewerber Donald Trump. Die Anklage aus New York gegen ihn sticht auch in anderer Weise heraus: Sie steht im Zusammenhang mit delikaten Vorwürfen gegen den 76-Jährigen. Es geht um Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels.

Eine Grand Jury hat eine Anklage gegen Trump zugelassen. Landet er im Gefängnis?

Nein. Er wird nur für ein Foto und die Personalienfeststellung vorgeladen. Sein Anwalt Joe Tacopina sagte, ihm würden keine Handschellen angelegt. Am kommenden Dienstag soll Trump einbestellt werden.

Worum geht es bei der Anklage?

Es geht um 130.000 Dollar an die Pornodarstellerin Stormy Daniels, mit der Trump eine Affäre gehabt haben soll. Das Geld lief über Trumps damaligen Anwalt, Michael Cohen. Es wird vermutet, dass Trump das als Anwaltskosten von der Steuer abgesetzt oder als Wahlkampfkosten abgerechnet hat. Das ist der springende Punkt: Anders als Schweigegeldzahlungen wäre dies nämlich illegal. Trump streitet alles ab, auch die Affäre. Gewagt: Der Bezirksstaatsanwalt wendet damit New Yorker Gesetze an, die angesprochenen Vorgänge beziehen sich hingegen auf eine US-weite Wahl.

Wie wird sich Trump verhalten?

Trump wird den Auftritt ausschlachten wie eine Diva eine Rangelei mit einer viel gehassten Konkurrentin im Theaterfoyer. Er spricht von einer nie zuvor gesehenen Attacke auf die Demokratie und ruft seine Anhänger auf, ihm treu zur Seite zu stehen, was heißt, zu seiner Verteidigung Geld zu spenden.

Wie realistisch ist eine Verurteilung?

Theoretisch könnte Trump bis zu vier Jahre bekommen, aber das ist nahezu ausgeschlossen. Nicht zuletzt, weil er rein juristisch als Ersttäter gelten würde.

Was denken die Republikaner, was die Demokraten?

Die große Mehrheit ist gegen eine Anklageerhebung. Trump-Anhänger glauben, dass die Staatsanwaltschaft politisch motiviert ist. Viele Demokraten freuen sich zwar, sorgen sich aber auch wegen der Publicity. Auch dass Trump nun – anders, als das beim Sturm aufs Kapitol der Fall gewesen wäre – für eine relativ banale Straftat angeklagt wird, stößt manchen sauer auf.

Hilft es Trump dabei, noch einmal zu kandidieren?

Eher ja. Bisher haben ihm Auseinandersetzungen mit dem Strafverfolgungsapparat in den Umfragen genutzt. Möglich ist allerdings auch, dass das Drama Wechselwähler abschreckt. Das wichtigste Ziel der Republikaner ist, das Weiße Haus zurückzuerobern und nicht, Trump eine breitere Plattform zu bieten.

Ist mit Ausschreitungen zu rechnen?

Wenn das passiert, dann eher außerhalb von New York City. Die New Yorker Polizei, in der Aufstandsbekämpfung geübt, hat bereits Betonblöcke und Metallgitter um das Gericht aufgestellt. Ein Medienzirkus ohnegleichen wird erwartet.

Darf Trump im Fall einer Verurteilung zur Wahl 2024 antreten?

Erstaunlicherweise ja. Der Sozialist Eugene Debs, der eingesperrt wurde, weil er Gegner des Ersten Weltkriegs war, hat sogar von seiner Zelle aus Wahlkampf geführt.