Rishi Sunak ist neuer Premierminister des Vereinigten Königreichs. Der 42-jährige Ex-Finanzminister wurde am Dienstag formell von König Charles III. im Londoner Buckingham-Palast mit der Regierungsbildung beauftragt. Er versprach, das Vertrauen in die Politik wiederherzustellen und die Bedürfnisse der Öffentlichkeit an erste Stelle zu setzen. Sein parteiinterner Rivale und Ex-Premier Boris Johnson gratulierte Sunak auf Twitter "von ganzem Herzen".

"Truss machte einige Fehler"

In seiner ersten Ansprache kritisierte der frisch ernannte Regierungschef seine Vorgängerin Liz Truss: Sie habe "edle" Ziele gehabt, habe aber auch einige "Fehler gemacht". Er wolle das tief gespaltene Großbritannien wieder zusammenführen. "Ich werde unser Land vereinen, nicht mit Worten, aber mit Taten." Dafür werde er rund um die Uhr arbeiten, sagte Sunak in seiner ersten Ansprache. Er verwies darauf, dass er in der Coronapandemie als Finanzminister mit dem "Furlough"-Programm, einer Art Kurzarbeitsmodell, zahlreiche Jobs und Unternehmen gesichert habe. "Ich werde den Herausforderungen, denen wir heute gegenüberstehen, dieselbe Leidenschaft entgegenbringen."

Er wolle für wirtschaftliche Stabilität sorgen und auch dies ins Zentrum seiner Agenda rücken. Die Fehler seiner Vorgänger wolle er korrigieren. "Das wird schwierige Entscheidungen mit sich bringen." Seine Regierung werde Integrität, Professionalität und Verantwortung zeigen. "Vertrauen muss verdient werden, und ich werde mir Ihr Vertrauen verdienen." Er sei bereit, das Land in die Zukunft zu führen und die Sorgen der Menschen über die Politik zu stellen. "Gemeinsam können wir unglaubliche Dinge erreichen", sagte Sunak in seiner fast sechs Minuten dauernden Rede.

Kurz zuvor reichte Liz Truss bei Charles ihren Rücktritt ein, wie der Palast mitteilte. Truss hatte mit radikalen Steuerreform-Plänen heftige Turbulenzen an den Finanzmärkten ausgelöst. Auch aus der eigenen Konservativen Partei wurde sie deshalb scharf kritisiert und verlor ihre Autorität. Der ehemalige Banker Sunak hatte sich dann am Montag im Rennen um den Vorsitz der konservativen Tory-Partei durchgesetzt. Er ist der dritte Premierminister in weniger als zwei Monaten.

Truss wünschte ihrem Nachfolger in ihrer Abschiedsrede "allen erdenklichen Erfolg". "Wir befinden uns weiter in einem Sturm, aber ich glaube an Großbritannien, ich glaube an das britische Volk und ich weiß, dass freundlichere Tage vor uns liegen", so Truss. Die Konservative Partei hofft, dass Sunak nach der skandalumwitterten Zeit von Boris Johnson und der kurzen chaotischen Amtszeit von Liz Truss die Kurve kriegt und wieder in ruhiges Fahrwasser fährt.

Doch auf den jüngsten Premierminister seit mehr als 200 Jahren warten gewaltige Aufgaben. "Sunak erbt eine alptraumhafte Suppe politischer und wirtschaftlicher Düsternis: eine gespaltene Partei, seit zwölf Jahren an der Regierung, offenbar süchtig nach internen Streitereien, düstere öffentliche Finanzen, steigende Preise und einen Krieg in Europa", kommentierte die BBC.

Seine größte Herausforderung dürfte nun darin bestehen, die Reihen in seiner zuletzt tief gespaltenen Partei wieder zu schließen. Bei seinem ersten kurzen öffentlichen Auftritt kündigte Sunak an, er wolle Land und Partei einen. Doch das könnte schwierig werden, wie der Politologe Mark Garnett der Deutschen Presse-Agentur sagte. Kurzfristig dürften zwar die meisten Tory-Abgeordneten froh sein, dass es nun mit Sunak einen Parteichef gebe, "der nicht temperamentvoll spalterisch wirkt". Allerdings gebe es Parlamentarier, die Sunak nie vergeben, weil sie ihm vorwerfen, mit seinem Rücktritt Anfang Juli für das Aus des bei der Parteibasis beliebten Boris Johnson verantwortlich zu sein.

"Starke Beziehung zum Vereinigten Königreich"

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen gratulierte Sunak zu seiner Ernennung, mahnte aber zugleich auch zu Zusammenarbeit. "In diesen schwierigen Zeiten für unseren Kontinent zählen wir auf eine starke Beziehung zum Vereinigten Königreich, um unsere gemeinsamen Werte unter voller Einhaltung unserer Vereinbarungen zu verteidigen", schrieb sie auf Twitter. Der französische Präsident Emmanuel Macron gratulierte Sunak und erklärte: "Gemeinsam werden wir weiter daran arbeiten, die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen, darunter den Krieg in der Ukraine und seine (...) Folgen für Europa und die Welt." Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, er wolle die Beziehungen zwischen der Ukraine und dem Vereinigten Königreich "weiter stärken".

Auch der britische Ex-Premier Boris Johnson gratulierte dem neuen Regierungschef Rishi Sunak trotz ihrer schwierigen Beziehung mit herzlichen Worten zum Amtsantritt. "Dies ist der Moment für alle Konservativen, unseren neuen Premierminister von ganzem Herzen zu unterstützen", schrieb er auf Twitter. Er bezeichnete den Amtsantritt Sunaks als "historischen Tag". Johnson hatte zunächst selbst mit einer erneuten Kandidatur geliebäugelt, sich aber dann am Wochenende doch zurückgezogen, als sich Chaos in der konservativen Fraktion abzeichnete.