Der König der Niederlande, Willem-Alexander, ist gemeinsam mit seiner Gemahlin Máxima am Montag auf Staatsbesuch nach Österreich gekommen. Neben der Bundeshauptstadt Wien, wo sie zwei Tage verbringen werden, führt die Visite das Königspaar auch in die steirische Landeshauptstadt Graz. Am ersten Besuchstag gedachten sie der Holocaust-Opfer an der Shoah-Namensmauer im Wiener Ostarrichipark.

Am Dienstag besichtigten die Royals dann gemeinsam mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen und dessen Ehefrau Doris Schmidauer das Integrationsprojekt "Community-Cooking" in der "Brotfabrik" in Wien-Favoriten, trafen dort auf geflüchtete Menschen aus der Ukraine und bekochten diese kurzerhand selbst.

König in Kochschürze

Das königliche Paar fuhr gegen 9.15 Uhr unter Blitzlichtgewitter vor der Sozialeinrichtung, die den interkulturellen Austausch der Bewohner in dem Grätzel in Favoriten fördert, vor. Seit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine gibt es dort auch einen Mittagstisch für Geflüchtete aus der Kriegsregion. Um diesen dann zu bekochen, banden sich die Royals samt Bundespräsident und dessen Frau gemeinsam mit freiwilligen Helfern kurzerhand selbst die Schürzen um.

Zu Essen gab es: Menemen-Eierspeise mit Zwiebeln, Tomaten und Paprika, mit Tomaten und Zwiebelmasse gefüllte Falafel, Tahinsauce mit verschiedenen Kräutern und Gemüse, Fladenbrot mit Haferkleie. Als Nachspeise wurde Topfen-Joghurt-Creme mit verschiedenen Beeren mit Gewürzen Kardomon, Zimt, Nelken und Honig serviert.

Bei dem gemeinsamen Essen mit Geflüchteten wurde die Stimmung wieder ernster. Bei dem mehr als 30 Minuten dauernden Gespräch erkundigten sich Willem-Alexander und Máxima über das Schicksal dieser Menschen. "Sie haben selbst Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen, die Thematik ist ihnen also sehr nahe", sagte der Geschäftsführende Direktor der Caritas Wien, Klaus Schwertner.

Besuch der Nationalbibliothek

Im Anschluss an den Besuch in der Sozialeinrichtung stand eine Visite in der Nationalbibliothek auf dem dichten Terminplan, wo sie von Direktorin Johanna Rachinger im Empfang genommen werden sollten. Gemeinsam mit dem österreichischen "First Couple" war hier eine Besichtigung des Prunksaals geplant.

Um 13 Uhr begrüßten Bundeskanzler Nehammer und eine überschaubare Menge an Schaulustigen Willem-Alexander und Máxima vor dem Bundeskanzleramt. Nach einem kurzen öffentlichen Händedruck zogen sich die Gäste aber schnell mit ihrem Gastgeber zu einem Arbeitsgespräch zurück. Am Abend geht es dann in ein Konzert des niederländischen Kammerchors im Konzerthaus. Am Mittwoch reist das Königspaar zum Abschluss seines Österreich-Besuches mit der Bahn nach Graz.

Das war der erste Tag des Staatsbesuchs:

Das Königspaar wurde am Montagvormittag auf dem Flughafen Wien-Schwechat von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) empfangen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen und dessen Ehefrau Doris Schmidauer begrüßten Willem-Alexander und Máxima mit einem Empfang mit militärischen Ehren im Inneren Burghof in Wien. Das Präsidentenpaar empfing König und Königin unter den Klängen der niederländischen Nationalhymne und der österreichischen Bundeshymne und den Blicken zahlreicher Schaulustiger. 

Kurzer Jubel brandete auf, als das Königspaar aus einem orange beflaggten Auto stieg und der Menge zuwinkte. Nach der Begrüßung schritt König Willem-Alexander gemeinsam mit dem Bundespräsidenten die Ehrenformation der Garde ab. Dann zogen sich die beiden Ehepaare zu Gesprächen in die Hofburg zurück. Bundespräsident Van der Bellen hatte zuletzt Mitte November 2018 den Niederlanden einen offiziellen Besuch abgestattet.

Kranzniederlegung an der Shoah-Namensmauer

Am Nachmittag legte der König gemeinsam mit dem Bundespräsidenten je einen Kranz an der Shoah-Namensmauer in Wien-Alsergrund im Gedenken an die im Holocaust ermordeten jüdischen Frauen, Kinder und Männer nieder. Das Königs- und das Bundespräsidentenpaar besichtigten gemeinsam mit Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) die Gedenkstätte. Besondere Aufmerksamkeit wendeten Willem-Alexander und Máxima Namen mit Bezug zu den Niederlanden zu. Zum Abschluss legten sie - wie zum Totengedenken im Judentum üblich - je einen Kieselstein an der Mauer nieder.

Die Shoah-Namensmauer vor der Oesterreichischen Nationalbank in Wien versammelt auf 160 Granitsteinelementen die Namen von rund 64.400 österreichischen Frauen, Kindern und Männern, die von den Nationalsozialisten wegen ihrer jüdischen Herkunft ermordet worden waren. Sie war am 9. November 2021 vom damaligen Bundeskanzler Schallenberg eröffnet worden.

Nach dem Besuch der Gedenkstätte traf das Königspaar Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Mitglieder des Stadtsenats im Rathaus, wo sie sich in das Goldene Buch der Stadt eintrugen. Dieser begrüßte die Besucher im Stadtsenatssitzungssaal. Ludwig verwies auf die engen Beziehungen zwischen den Niederlanden und der Stadt Wien. Man tausche sich etwa regelmäßig mit den Kommunen zu Themen wie Stadtentwicklung aus. Demnächst werde auch der Magistratsdirektor von Amsterdam in Wien zu Gast sein, berichtete der Bürgermeister.

Ludwig verwies zudem auf die Solidarität nach dem Terroranschlag in Wien 2020. Damals hätten die Niederlande 10.000 Tulpenzwiebel "als Zeichen der Solidarität und Menschlichkeit" geschenkt. Diese seien in Parkanlagen eingepflanzt worden - viele auch in unmittelbarer Nähe des Attentatsorts. Ludwig bedankte sich noch einmal für dieses "sichtbare Zeichen der Verbundenheit".

"Eine Stadt zum Verlieben"

"Wien ist eine Stadt zum Verlieben und ein Ort, an dem man sich schnell heimisch fühlt", betonte Willem-Alexander. Hier schlage das Herz Europas. "Dies ist der Moment, mit unseren europäischen Freunden zusammenzurücken." Gemeinsam glaube man an Freiheit, an Menschlichkeit und an friedliche Kooperation. "Nicht allzu weit entfernt werden diese Werte grob verletzt", hob er hervor.

Willem-Alexander bedankte sich für die Einladung ins Rathaus und konstatierte: "Wohnen in Wien macht die Menschen glücklich. Welches Geheimnis steckt dahinter? Wir hoffen, während unseres Besuches mehr darüber zu erfahren." Nach einem kurzen Umtrunk machte sich das Königspaar wieder auf den Weg.

In Begleitung der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) besuchte man das derzeit in Renovierung befindliche Parlamentsgebäude. Nach einer Begrüßung in der Säulenhalle durch Bures und Parlamentsvizedirektor Alexis Wintoniak, Generalbevollmächtigter für die Sanierung des Parlamentsgebäudes, ging es weiter in den Sitzungssaal des Nationalrates und dann in den historischen Sitzungssaal. Geführt wurde dabei das Königspaar unter anderem von dem aus den Niederlanden stammenden Ingenieur Reinder Zwart, der an der Renovierung des Parlaments in Wien mitwirkt.

Am Abend folgte ein Staatsbankett im Belvedere, bei dem der König und der Bundespräsident Tischreden hielten. Der Schauplatz hat auch einen aktuellen kulturellen Niederlande-Bezug: Von Februar bis Mai 2023 zeigt das Belvedere Museum die Schau "Klimt. Inspired by Rodin, Van Gogh, Matisse..." in Zusammenarbeit mit dem Van-Gogh-Museum Amsterdam, in der die Bezüge zwischen den Gemälden Gustav Klimts und den Werken anderer Künstler seiner Zeit, etwa Vincent Van Gogh, ausgelotet werden.

Konzert am Dienstag

Am Dienstag besichtigen Willem-Alexander und Máxima zunächst ein Integrationsprojekt in der Brotfabrik (Wien-Favoriten). Nach dem Besuch der "Community-Cooking"-Küche ist ein Zusammentreffen mit geflüchteten Menschen aus der Ukraine geplant, dann eine Besichtigung des Sonnwendviertels beim Wiener Hauptbahnhof. Im Anschluss ist eine Visite in der Nationalbibliothek angesetzt, dann folgt ein Arbeitsgespräch mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Am Abend steht dann ein Konzert des niederländischen Kammerchors im Konzerthaus auf dem Programm.

"Mobilitäts-Check" in Graz am Mittwoch

Am Mitt­woch geht es dann mit dem Zug wei­ter nach Graz, wo ein Zu­sam­men­tref­fen mit Lan­des­haupt­mann Her­mann Schüt­zen­hö­fer und Bür­ger­meis­te­rin Elke Kahr statt­fin­det. Nach einer Füh­rung durch das Be­triebs­ge­län­de der AVL List GmbH im Bei­sein von Wirt­schafts­mi­nis­ter Mar­tin Ko­cher und Um­welt- und En­er­gie­mi­nis­te­rin Leo­no­re Ge­wess­ler geht es auf die Mur­in­sel: Dort wird das Gra­zer "Mo­bi­li­täts­pro­jekt" ("Rad­of­fen­si­ve") vor­ge­stellt. Die stei­ri­sche Lan­des­haupt­stadt holt sich dafür auch Wis­sen und Er­fah­rung aus den Nie­der­lan­den, tra­di­tio­nel­lem El­do­ra­do für eu­ro­päi­sche Rad­fah­rer.

Po­li­ti­sche Stel­lung­nah­men sind für Wil­lem-Alex­an­der schon aus ver­fas­sungs­recht­li­chen Grün­den tabu: Der König ist für das Staats­ge­fü­ge wich­tig, ohne di­rek­ten Ein­fluss auf die Ge­schi­cke des Lan­des neh­men zu dür­fen. Man darf aber davon aus­ge­hen, dass die bi­la­te­ra­len, be­tont ami­ka­len und nicht zu­letzt auch wirt­schaft­li­chen Be­zie­hun­gen wäh­rend der Vi­si­te ge­pflegt und wei­ter aus­ge­baut wer­den. Wil­lem-Alex­an­der ist nicht zu­letzt pri­vat ein Ös­ter­reich-Freund, seine Fa­mi­lie ver­bringt be­reits seit den 1950er-Jah­ren Ur­lau­be im Wes­ten un­se­res Lan­des.