Nach dem Besuch von Außenminister Alexander Schallenberg in Slowenien stellt die slowenische Tageszeitung "Dnevnik" seine Aussage, dass es derzeit keine Alternative zu den Grenzkontrollen gebe, in Zweifel. Österreichische Statistiken über illegale Grenzübertritte rechtfertigen die Fortsetzung der österreichischen Kontrollen an der Grenze zu Slowenien nicht, kommentiert die Zeitung am Dienstag.

"Wer sich die Statistiken des Bundeskriminalamtes und der Statistik Austria der letzten Jahre anschaut, fragt sich zu Recht, warum zum Teufel die Österreicher neben der Grenze zu Ungarn auch die zu Slowenien kontrollieren", schreibt "Dnevnik" in dem Kommentar. Was Ungarn betrifft, kann man laut der Zeitung das noch verstehen, denn im letzten Jahr wurden die meisten illegale Einwanderer im Burgenland aufgegriffen, das hauptsächlich an Ungarn grenzt.

Verweis auf Schengen-Raum

Die zweithöchste Zahl illegaler Grenzübertritte gibt es in Niederösterreich, das an Tschechien und die Slowakei angrenzt. "Aber Österreich führt an den Grenzübergängen zu diesen beiden Ländern keine Kontrollen mehr durch", weist die Zeitung hin. "Vorletztes Jahr war der Grenzübergang am Neusiedlersee berüchtigt für illegale Migranten, aber Šentilj (auf slowenischer Seite, Anm.) steht auf keiner dieser Listen", so die "Laibacher Zeitung".

"Dnevnik" weist auch darauf hin, dass vor fast 15 Jahren, als Slowenien Ende 2007 dem Schengen-Raum beigetreten ist, der damalige österreichische Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) am Grenzübergang Šentilj (Spielfeld in der Steiermark auf österreichischer Seite) seiner Freude Ausdruck verlieh und betonte, dass der Wegfall der Grenzkontrollen für beide Seiten mehr Freiheit bedeute. "Diese Freude und Freiheit dauerten nur bis zum Herbst 2015, als Österreich die Grenzkontrollen wieder eingeführt und sie bis heute immer wieder um die – aus dessen Sicht – 'erlaubten' sechs Monate verlängert hat", hieß es. Nach der jüngsten Verlängerung könne man laut der Zeitung zum Schluss kommen, dass "unsere Freude und unsere Freiheit kaum die Hälfte der Zeit gedauert haben, in der wir dem Schengen-Klub angehören".

120-Prozent-Anstieg?

Die Tageszeitung "Večer" aus Maribor schreibt, dass die am Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 eingeführten Kontrollen "endlos" verlängert werden. Schallenberg habe die Zahlen über einen 120-Prozent-Anstieg von illegalen Grenzübertritten an der Grenze zu Slowenien in den letzten Monaten "aus dem Ärmel gezogen", so die Zeitung mit Bezug auf seine Aussage bei der Pressekonferenz am Montag in Ljubljana. "Typisch. Hätte er die absoluten Zahlen genannt, würden sie im Vergleich zu 2015 winzig und lächerlich aussehen. Aber so lässt sich leichter feststellen, dass Grenzkontrollen für Österreich keine Alternative haben", kommentiert die Zeitung.

"Večer" lobt den Besuch von Schallenberg, der als erster ausländischer Amtskollege die neue slowenische Außenministerin Tanja Fajon nach deren Amtsantritt besuchte, als Beweis für "gutnachbarliche und freundschaftliche Beziehungen zwischen den beiden Ländern, die schon seit Jahrzehnten historisch, kulturell, wirtschaftlich und auch politisch eng sind". Und fügt hinzu: "Umso störender ist es, dass die beiden Länder einige akute Fragen ebenso seit Jahrzehnten nicht vom Tisch räumen." Eine solche Frage ist laut der Zeitung die Beziehung Österreichs mit der slowenischen Volksgruppe in Kärnten und der Steiermark. "Österreich hat in den letzten Jahren einige mutige Schritte unternommen. Doch immer wieder werden Details bekannt, die das Bild trüben", schreibt "Večer".