Einmarsch oder doch nicht? Glaubt man den USA, ist die Gefahr, dass demnächst ein neuer, massiver Angriff Russlands auf die Ukraine ansteht, trotz Zeichen der Entspannung nicht gering. Auch der morgige Mittwoch gilt als möglicher Start einer Invasion. Die USA, Großbritannien und Kanada forderten schon vor Tagen ihre Bürger auf, das Land zu verlassen. Die niederländische Fluglinie KLM strich ihre Flüge nach Kiew. Und was machen die Ukrainer in den Tagen vor der angekündigten Eskalation? Sie beweisen Nervenstärke: Sie tanzen. Sie posten Fotos in den sozialen Medien, die den – ruhigen – blauen Himmel über Kiew zeigen.

Die ukrainische Schriftstellerin Oksana Sabuschko macht aus ihrer Enttäuschung über die Abreisen und die aus ihrer Sicht überzogenen Warnungen kein Geheimnis: "Jetzt geschieht genau das, was Putin erreichen will: Die Ukraine wird isoliert, unsere Wirtschaft ruiniert – und all das erreicht er zum günstigsten Preis: mit psychologischer Kriegsführung", sagt Sabuschko. Putin handle in der gewohnten Weise eines KGB-Mannes und spiele geschickt mit den Ängsten des Westens, der kopflos reagiere – und Druck auf die ukrainische Führung ausübe, damit sie gegenüber Russland nachgebe.

Daria Kaleniuk wiederum, Direktorin des ukrainischen Zentrums für Korruptionsbekämpfung, schreibt: "Der Westen ruft seine Bürger zurück. Aber wir Ukrainer können nirgendwo hingehen." Wenn man so sicher sei, dass die Lage eskalieren werde, sei es doch an der Zeit, Nord Stream 2 zu stoppen und endlich spezifische Sanktionen gegen kremltreue Oligarchen aus Putins Umfeld zu verhängen. "Und warum hat Deutschland Putins Super-Yacht 'Graceful' vorige Woche noch aus dem Hafen von Hamburg auslaufen lassen?", fragt sie.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj scheint ebenfalls entschlossen, dem Druck nicht so einfach nachzugeben. "Man hat uns gesagt, dass der 16. Februar der Tag des Angriffs sein wird", erklärte Selenskyj kürzlich und verkündete: Der Tag wird ein nationaler Feiertag, ein "Tag der Einheit". Die Bürger sollen die Staatsflagge hissen und um zehn Uhr die ukrainische Nationalhymne singen.
Und in den Straßen Kiews tragen Demonstranten Transparente durch die Stadt, die aller Welt erklären: "Wir geben nicht klein bei. Wir sagen Nein zu Putin."