Und wieder hält Deutschland vor dem Wetterbericht den Atem an: Die Flutkatastrophe von voriger Woche ist noch lange nicht verdaut, sagen die Meteorologen nun für dieses Wochenende erneut Starkregen für die Flutgebiete voraus.

Der Deutsche Wetterdienst rechnet damit, dass sich am Samstag in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen schauerartige oder gewittrige Regenfälle ausbreiten könnten. Lokal herrsche Unwettergefahr. Schwere Schauer und Gewitter könnten auch in Teilen Bayerns zu starken Regenfällen führen. Freitagabend läuteten deutschlandweit in vielen Kirchen die Glocken, um der vielen Toten zu gedenken – auf 175 ist ihre Zahl mittlerweile gestiegen, mehr als 150 Menschen werden noch vermisst.



Sicher ist, dass die Wetterwarnungen diesmal mit sehr viel mehr Aufmerksamkeit vernommen werden. Denn mittlerweile begann die Suche nach Fehlern im System. Nach der Flut entdeckt Deutschland, was es auch schon während der Corona-Pandemie erfahren musste: Der Katastrophenschutz im Land schwächelt. Die Digitalisierung der Verwaltung hinke den europäischen Entwicklungen hinterher, gestand Bundeskanzlerin Angela Merkel jetzt ein. Sie verwies aber auch darauf, dass das mit der Leistungsstärke der deutschen Verwaltung zusammenhänge.

Warnungen gab es aus Europa

Denn: Das Europäische Hochwasser-Frühwarnsystem (Efas) hatte die Bundesrepublik vorige Woche auf die drohende Unwetterkatastrophe hingewiesen. Allein passiert ist wenig. So nahm das Unglück seinen Lauf. Tief „Bernd“ entließ seine Regenmassen über Ahr, Erft und Sieg, die Fluten ergossen sich ins Tal. Franz-Josef Molé vom Deutschen Wetterdienst wies die Vorwürfe zurück. „Wir waren nicht von den Efas-Daten überrascht“, sagte der Meteorologe. Auch die rheinland-pfälzische Umweltministerin Anne Spiegel (Grüne) konterte: Eine Hochwasservorhersage sei für große Flüsse wie Rhein und Mosel sehr präzise möglich, kleinere Ströme wie die Ahr oder Kyll würden aber im Meldesystem von Efas nicht erfasst. Das ist so weit zutreffend.

Doch gibt es auch eine wirre Reihe von Zuständigkeiten und komplexen Meldeketten. So liefert zum einen das europäische Frühwarnsystem Efas seine Daten an die Hochwasserzentralen der deutschen Bundesländer, zum anderen aber auch der Wetterdienst DWD. Auch aus den Unwettergebieten selbst berichten Insider von wirren Zuständigkeiten. So sei mitunter angeraten worden, die Bergungsarbeiten gegen 22 Uhr mit der Nachtruhe einzustellen. Trotz dringenden Handlungsbedarfs.

Verhaltene Kritik

Zur Wochenmitte brachte das Bundeskabinett nun eine Organisationsreform des Katastrophenschutzes auf den Weg. Auch das zuständige Bundesamt soll gestärkt werden. Britta Haßelmann, die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, mahnte die Einrichtung einer Zentralstelle für Katastrophenschutz an. „Es darf nicht sein, dass jede Kommune, jeder Landkreis und jede Landesregierung die Menschen in der Region unterschiedlich warnt“, sagte sie. Ansonsten hält sich die Kritik noch in Grenzen. Die Parteien wollen den Eindruck vermeiden, aus dem Leid der Opfer Kapital zu schlagen.