Die Übung ist nicht ungewöhnlich, sie findet jedes Jahr statt, und doch ist die Situation derzeit heikel: Die Nato führt seit etwa einer Woche in der Schwarz-Meer Region ihre Militärübung "Sea Breeze" (Meeresbrise) durch, die von den USA und der Ukraine geführt wird. Doch Russland, das im Frühjahr vor der Grenze der Ukraine einen wesentlich größeren Militäraufmarsch veranstaltete und von einer "Übung" sprach, kritisiert die Nato-Übung scharf.

Moskau sieht das Schwarze Meer als seine Einflusszone und forderte den Verzicht auf das Nato-Manöver. Ein Anspruch, den wiederum andere als Provokation empfinden: Russland ist nicht der einzige Anrainer-Staat des Schwarzen Meeres - es gibt noch fünf weitere, sie alle gehören der Nato an oder sind mit der Partner der westlichen Allianz. Sie stellen sich gegen den Machtanspruch Moskaus über das Schwarze Meer. Die Übung mit Teilnehmern aus mehr als 30 Staaten hatte am vergangenen Montag begonnen und dauert insgesamt zwei Wochen. Beteiligt sind mehr als 30 Kriegsschiffe, 40 Flugzeuge und rund 5.000 Militärangehörige. 

Mittlerweile kam es zu zwei heiklen militärischen Zwischenfällen, bei denen teilweise auch scharfe Munition zum Einsatz kam. Noch vor Beginn des Manövers hatte Russland nach offiziellen Angaben Moskaus das britische Kriegsschiff "Defender" mit Warnschüssen in der Nähe der Krim zum Kurswechsel bewegt. Ein Kampfjet vom Typ Suchoi Su-24 warf Bomben ab, ein Kriegsschiff schoss zur Warnung. Der britische Zerstörer "HMS Defender" drehte schließlich ab.

Zudem waren kürzich russische Kampfjets aufgestiegen, um die niederländische Fregatte "Evertsen" zu warnen. Die Niederlande beklagten, die Russen hätten "Scheinangriffe" geflogen. Das Verteidigungsministerium in Moskau wies das zurück.

Für Unmut sorgte bei der Nato auch ein Kommentar des russischen Präsidenten Wladimir Putin, mit dem er etwas flapsig über den Zwischenfall mit den Briten sprach.

Am Samstag sind nun mehr als zehn russische Kampfjets und Bomber über dem Schwarzen Meer aufgestiegen, um Übungsflüge zu absolvieren. Trainiert worden seien Raketen- und Bombenschläge gegen Schiffe eines angenommenen Gegners, teilte die Schwarzmeerflotte am Samstag mit.

Heikel ist die Situation vor allem seit der russischen Annexion der Krim 2014, die von großen Mehrzahl der Staaten der Welt nicht anerkannt wurde. In der Folge kam es zum Krieg in der Ostukraine. Jetzt hat Russland kurzerhand einige Küstengebiete zu Sperrzonen erklärt - wobei diese nur für staatliche Schiffe gelten, nicht für private Frachter.

Die russische Marine und Luftabwehr unterstreichen durch ihre seit Tagen angesetzten Aktionen ihre Kritik an dem Manöver Sea Breeze, das Moskau als eine Provokation Washingtons sieht. Die Nato besteht darauf, internationales Seerecht erlaube die Durchfahrt, sie hält an ihrer Übung fest. Im Frühjahr hat Russland Schätzungen der ukrainischen Regierung zufolge etwa 50.000 zusätzliche Soldaten mit militärischem Gerät auf die Halbinsel Krim und in Grenznähe der Ukraine verlegt, darunter auch Einheiten, die bereits im Donbass in der Ostukraine gekämpft haben.