Seit dem Krieg 1999 ist der Kosovo zwischen Albanern und Serben zerrissen. Kaum jemand weiß das besser als Vjosa Osmani. Denn sie wurde in Mitrovica geboren. Wie keine andere Stadt steht Mitrovica für den Konflikt im Kosovo, der sich 2008 von Serbien trennte. Seit dem Kosovokrieg teilt der Fluss Ibar Mitrovica in einen Südteil und einen Nordteil. Im Süden leben mehrheitlich albanischsprachige Menschen, dort wuchs auch Osmani auf, im Nordteil überwiegend Serben. Bis heute ist die Brücke mehr Trennung als Verbindung.

Nun ist Vjosa Osmani die neue Staatspräsidentin Kosovos. Die 38-Jährige wurde vom Parlament in Pristina auf Vorschlag der Regierungspartei Vetevendosje des Ministerpräsidenten Albin Kurti zum Staatsoberhaupt gewählt. Osmani war bereits seit November kommissarisch im Amt, weil ihr Vorgänger Hashim Thaci im Zuge einer Anklage des Kosovo-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag zurücktreten musste.

In Pristina fiel Osmani als brillante Studentin an der juridischen Fakultät auf. Sie wurde Doktorandin an der Universität Pittsburgh in den USA, wo sie später auch Gastprofessorin war. Zuletzt arbeitete sie wieder als Jusprofessorin in Pristina.

Ihr Ziel als Präsidentin ihres von Korruption, Arbeits- und Perspektivenlosigkeit gebeutelten Landes: Kosovo aus dem "Abgrund" herausholen, in den es durch "verantwortungslose, korrupte" Politiker gelangt sei.

Vjosa Osmani
Vjosa Osmani © AFP

In ihrer Antrittsrede als Staatspräsidentin erklärte die verheiratete Mutter von Zwillingstöchtern: "Heute hat Kosovo wieder eine Frau zur Präsidentin gewählt. Für alle Mädchen, die uns in diesem Moment vielleicht zuschauen, hoffe ich, dass ihr euch immer daran erinnert: Mädchen haben den Platz, den sie selbst wollen, von dem sie jede Nacht träumen und für den sie hart und fleißig arbeiten."

Als Staatspräsidentin ist Osmani auch Oberkom­man­dan­tin der Streitkräfte des Kosovo und mitverantwortlich für die Außenpolitik des Landes. Seit Jahren überschattet die schwierige Beziehung zum großen Nachbarn Serbien die Politik des Kosovo. Vjosa Osmani spricht sich zwar für den Dialog mit Belgrad aus, allerdings müsse sich die serbische Regierung erst entschuldigen und die Verantwortlichen des Krieges 1998/99 müssten angeklagt werden. Die Vergangenheit wirft ihren langen Schatten.

In einem Interview mit dem Sender "Deutsche Welle" erklärte Amerika-Fan Osmani im Vorjahr nach der US-Wahl: „Da Joe Biden die Vergangenheit Kosovos und den regionalen Kontext sehr gut kennt, habe ich große Erwartungen. Biden weiß sehr gut, dass Serbien die schrecklichsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit in unserem Land begangen hat, einschließlich des Völkermords. Und er war einer der Menschen, die Kosovo zur Seite standen, als nur wenige Diplomaten oder Politiker ihre Stimme für uns erhoben. Er war wirklich unsere Stimme in einer Zeit, in der wir keine eigene Stimme hatten.“