Sie arbeitete als UN-Sonderberichterstatterin, sie untersuchte den Mord an dem saudischen Journalisten Khashoggi. In einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" erklärte Agnès Callamard dazu: "Das war kein Mord von Einzelpersonen. Das war ein Staatsmord. Die Verantwortung für dieses Verbrechen liegt bei der Führung von Saudi-Arabien."

Die französische Politologin nimmt es mit den Saudis auf – und wird dafür auch mit dem Tod bedroht. Ein ranghoher Vertreter der saudischen Regierung habe bei einem Treffen im Jänner 2020 in Genf gleich zweimal damit gedroht, sie "erledigen zu lassen", wenn sie sich nicht vor den Vereinten Nationen zurückhalten werde, sagte Callamard erst jüngst dem britischen "Guardian". Im Fokus stehen bei ihr trotz Drohungen immer die Menschenrechte. Jetzt wurde Agnès Callamard als neue  Generalsekretärin für Amnesty International ins Headquarter nach London berufen.

"Wenn Regierungen und Konzerne darauf abzielen, diejenigen zum Schweigen zu bringen, die sich gegen ihre Menschenrechtsverstöße aussprechen, wenn sie die Wahrheit verschleiern und Menschenrechtsnormen untergraben oder ablehnen, sind die Untersuchungen und Kampagnen von Amnesty International wichtiger denn je", sagt Callamard.

UNO und Columbia Universität

Die 57-jährige Französin blickt auf eine spannende Laufbahn in den Bereichen Menschenrechte und humanitäre Hilfe mit Stationen bei NGOs, in der Wissenschaft und bei den Vereinten Nationen. Neben ihrer Rolle als unabhängige Menschenrechtsexpertin der Vereinten Nationen war sie Direktorin des Global Freedom of Expression Project an der Columbia University. Davor war sie die Geschäftsführende Direktorin der Menschenrechtsorganisation ARTICLE 19 sowie Gründerin und geschäftsführende Direktorin von HAP International (Humanitarian Accountability Partnership). 

Von 1995 bis 2001 arbeitete sie bereits bei Amnesty International, unter anderem als Stabschefin des damaligen Generalsekretärs Pierre Sané. Sie hat in mehr als 30 Ländern menschenrechtliche Nachforschungen geleitet und umfassend zu den Themen Menschenrechte, Frauenrechte, Meinungsfreiheit, Fluchtbewegungen und zu der Methodik von Menschenrechtsrecherchen publiziert. 

"Ich fühle mich geehrt, das Amt der Internationalen Generalsekretärin zu übernehmen und mit den Unterstützerinnen und Unterstützern von Amnesty auf der ganzen Welt zusammenzuarbeiten, damit wir gemeinsam die Menschenrechte für alle Menschen einfordern und verteidigen", erklärte  Agnès Callamard jetzt.