Die 20.000 Einwohner zählende Stadt Petrinja bei Sisak wirbt mit dem Motto „Eine kleine Stadt mit großem Herzen“ um Touristen. Wie sehr dieses Herz wundgeschlagen ist, zeigen die enormen Schäden an allen Gebäuden. Getroffen hat das Erdbeben eine der ärmsten Regionen Kroatiens, die auch schon unter dem Krieg vor 25 Jahren massiv gelitten hat. Abwanderung und Überalterung sind ein massives Problem. Dagegen kämpft Darinko Dumbovic mit dem zielgerichteten Einsatz von EU-Mitteln: „Wir haben 150 Millionen Euro durch EU-Projekte bekommen. Für die Produktion von Esskastanien brauchten wir ein Laboratorium“, sagt der Bürgermeister. Das habe 1,5 Millionen Euro gekostet und sei nun zerstört. „Wir hatten strategische Partner, die bis zu 50 Hektar Land kauften. Denn das, was am Meer die Oliven sind, sollten bei uns die Kastanien werden“, sagt Dumbovic. „Andererseits führen wir viel Rohholz aus. Damit entwickeln wir die Entwickelten, doch wir bleiben unterentwickelt.“

Die große Finanzhilfe, die die EU den Erdbebengebieten zugesagt hat, dürfte sich belebend auf die Bauwirtschaft und damit auf die kroatische Gesamtwirtschaft auswirken. Doch an den Strukturschwächen der Region ändert das nichts. Ein Beispiel dafür ist die Wurst- und Konservenfabrik Gavrilovic, wenige Kilometer von Petrinja entfernt. Beim Erdbeben hatte die Fabrik Glück, doch die Schäden und der einmonatige Stillstand der Produktion verursachten einen Schaden, der auf zwei bis drei Millionen Euro geschätzt wird. Die Fabrik beschäftigt 500 Mitarbeiter, doch die meisten Rohstoffe werden importiert: „Nehmen Sie einen Produzenten wie Tönnies in Deutschland. Der schlachtet 25.000 Schweine täglich“, sagt Dumbovic. „Hier gibt es aber keine 25.000 Schweine. Sie können die ja nicht in ganz Kroatien einsammeln. Die Schlachtereien zahlen sich fast nicht aus.“ 2020 war für den Betrieb aber ein gutes Jahr. Durch die Schließung der Restaurants deckten sich viele Kroaten mit Produkten ein, die diese Fabrik erzeugt.

Kleinstunternehmen leiden

Unter den Corona-Maßnahmen leiden vor allem Klein- und Mittelbetriebe. Sie demonstrierten jüngst in Zagreb gegen die Regierung. Wegen der Krise dürfte der Wirtschaftsrückgang im Vorjahr etwa zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen. Zwar wirkt die Finanzhilfe für die Betriebe, um die Arbeitslosigkeit in Grenzen zu halten, doch die Staatsverschuldung dürfte 100 Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen. Wirtschaftsexperte Damir Novotny ist der Ansicht, dass sich Kroatien dank der Autozulieferindustrie nicht so schlecht gehalten hat.

Doch Novotny sieht auch ernsthafte Probleme: „Die Klein- und Mittelbetriebe sind das größte Problem für die Banken. Sie haben zu wenig Eigenkapital. Das gilt insbesondere für Kleinstbetriebe“, so der Analyst. „Um diesen Sektor zu stützen, hat die Regierung einen Teil des EU-Geldes für Kredite an Klein- und Mittelbetriebe verwendet.“ Eine wichtige Rolle spiele dabei die Europäische Investitionsbank. „Sie hat etwa zwei Milliarden Euro für die Unterstützung derartiger Betriebe bereitgestellt“, sagt Novotny. „Trotzdem sehen wir einen Anstieg der Zahlungsunfähigkeit. Doch die Banken sind dank der jahrzehntelangen Nationalbankpolitik außerordentlich gut mit Eigenkapital ausgestattet.“ Die Quote liege bei 20 Prozent, der EU-Durchschnitt bei fünf. „Daher können Banken den Ausfall bewältigen.“

Auch Corona plagt die Tourismusbranche

Zwar gehen die Infektionszahlen nach unten, doch bei Restaurants und Cafés wird die Regierung hart bleiben, um sich bis zum Beginn der Hochsaison im Juni als sicheres Land präsentieren zu können. Denn die Ungewissheit ist heuer noch größer, erläutert der Direktor des Instituts für Tourismus, Damir Kresic: „Die Lage ist viel schlechter als im Frühling des Vorjahres. Damals hatten wir viel weniger Infizierte. Die Herausforderung für die Mitarbeiter ist viel größer.“ Sicherheit sei die Vorbedingung, betont Kresic, etwa durch Impfungen, insbesondere in Tourismusregionen. „Wenn die Durchimpfung nicht erfolgt, wird es problematisch, eine sinnvolle Saison zu organisieren“, sagt Kresic.

Angesichts der Probleme mit dem Impfstoff rechnet der Tourismussektor bereits jetzt damit, dass die Saison erst Ende Mai beginnen wird. Auf die Monate Juni bis September entfallen dann 75 Prozent aller Übernachtungen. Im Falle massiver Reisebeschränkungen dürften viele Auslandsgäste ausbleiben. Doch im Gegensatz etwa zu Österreich und Italien kann Kroatien diesen Ausfall nicht durch heimische Gäste abfangen, weil das Pro-Kopfeinkommen relativ niedrig ist und Kroaten nicht so viel im Land reisen, wie das bei Österreich und Italien der Fall ist.