Noch gibt Donald Trump sich nicht geschlagen. Ab Sonntag hat er noch hundert Tage bis zur Wahl, die über seinen Verbleib im Weißen Haus entscheidet. Im Moment sieht es danach aus, dass wegen der Corona-Krise nicht nur Millionen Amerikaner ihren Job verlieren, sondern vielleicht auch Trump: In den Umfragen liegt er in entscheidenden Bundesstaaten zehn Prozentpunkte hinter seinem Herausforderer Joe Biden. Zugleich hat die rasche Öffnung der Wirtschaft zwar die Infektionszahlen in erschreckende Höhen getrieben; doch Wirtschaftsforscher erwarten trotz der beträchtlichen Finanzhilfen einen herben Einbruch der Konjunktur.

"Patriotisch"

All dies hat Trump nun offenbar bewogen, die Strategie zu wechseln. Obwohl er über Monate die Bedeutung des Virus herunterspielte und gegen Gesichtsmasken Stimmung machte, setzte er kürzlich zur Kehrtwende Richtung Realismus an: Am Dienstag bezeichnete er das Tragen der Maske als „patriotisch“. Am Freitag gab er bekannt, den für Ende August in Florida geplanten Nominierungspartei abzusagen. Es sei nicht die richtige Zeit, um einen „großen und überfüllten Parteitag“ abzuhalten, sagte Trump.

Spielwiese Außenpolitik

Während er innenpolitisch in die Defensive gerät, markiert Trump dafür außenpolitisch Stärke: Im Konflikt mit China gehen beide Seiten auf Kollisionskurs. Die USA verfügten die Schließung des chinesischen Konsulats in Houston. Im Gegenzug ordnete China die Schließung des US-Konsulats in der südwestchinesischen Stadt Chengdu an. Die US-Regierung argumentierte, das Konsulat in Houston sei „Drehkreuz der Spionage und des Diebstahls geistigen Eigentums“. Auch Geschäftsgeheimnisse habe China gestohlen. Peking weist dies zurück.

Beobachter sprechen von einem drohenden neuen „Kalten Krieg“ im geopolitischen Duell der beiden Großmächte. Selbst eine militärische Konfrontation im Südchinesischen Meer wird nicht ausgeschlossen. Washington schickte kürzlich zwei Flugzeugträger in die Region.

Nadelstiche

Anders als bei der einstigen Konfrontation zwischen den USA und der Sowjetunion ist die Weltwirtschaft heute allerdings eng verflochten; auch die einstige Blockbildung ist nicht absehbar. Wahrscheinlicher ist deshalb, dass Trump auf diplomatische und wirtschaftliche Nadelstiche setzen wird, rhetorisch aber vor der Wahl das Säbelrasseln verstärkt.