Die Entsendung türkischer Truppen in den Krisenstaat Libyen rückt näher. Das Parlament werde direkt nach dem Ende seiner Sitzungspause am 7. Jänner über einen entsprechenden Antrag debattieren, kündigte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Donnerstag in Ankara an. Eine Entscheidung könne am 8. oder 9. Jänner fallen.

Die Türkei reagiere damit auf die Bitte der international anerkannten Regierung von Ministerpräsident Fayez al-Sarraj um militärische Unterstützung im Kampf gegen den abtrünnigen libyschen General Khalifa Haftar, sagte Erdogan. "Wir werden die Regierung in Tripolis mit allen Mitteln unterstützen", betonte Erdogan.

Am vergangenen Samstag hatte das Parlament in Ankara bereits grünes Licht für ein umstrittenes Militärabkommen mit der Einheitsregierung in Tripolis gegeben. Dies sieht allerdings keine Entsendung von Bodentruppen vor.

Gegen Russen, Saudis und Ägypter

Erdogan kündigte daraufhin an, er werde das Abkommen gegebenenfalls ausweiten und bekundete seine Bereitschaft, türkische Soldaten in das Krisenland zu schicken. Ankara werde die Möglichkeiten von Bodentruppen, Luftwaffe und Marine prüfen, hatte es geheißen.

Die Türkei liefert den libyschen Regierungstruppen bereits Panzer und Drohnen, um deren Kampf gegen die Truppen Haftars zu unterstützen, der seit Monaten mit Gewalt die Macht in der Hauptstadt Tripolis zu übernehmen versucht. Haftar wird dagegen von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten und Russland unterstützt.

In Libyen herrscht seit dem Sturz und gewaltsamen Tod des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 Chaos. Die Einheitsregierung in Tripolis ist schwach und hat weite Teile des Landes nicht unter Kontrolle. Haftar und seine "Libysche Nationalarmee" kontrollieren den Osten Libyens. Seit dem Beginn von Haftars Offensive auf Tripolis vor acht Monaten wurden nach UN-Angaben mehr als 280 Zivilisten getötet und mehr als 140.000 Menschen vertrieben.

Stellvertreterkrieg

Mit einem Engagement der Türkei wächst die Angst vor einem Stellvertreterkrieg in Libyen. Die russische Regierung hat sich zu einem möglichen Engagement der Türkei bereits besorgt geäußert. Am Montag war eine Delegation der türkischen Regierung nach Moskau gereist, um mit russischen Diplomaten über die Themen Libyen und Syrien zu sprechen. Das Treffen habe drei Tage und damit wesentlich länger als erwartet gedauert, berichtete die russische Tageszeitung "Wedomosti".

Inhaltlich wurde zunächst nichts bekannt. Am Dienstag hatte ein türkischer Regierungssprecher erklärt, Russland habe versprochen, Angriffe im Nordwesten Syriens zu stoppen, wegen denen weitere zehntausend Menschen in die benachbarte Türkei fliehen.

Erdogan hatte sich zudem am Mittwoch überraschend mit seinem tunesischen Amtskollegen Kais Saied getroffen, um über mögliche Schritte für einen Waffenstillstands in Libyen zu sprechen. Man sei sich einig, die Regierung von Al-Sarraj unterstützen zu wollen, erklärte der türkische Präsident am Donnerstag.