Am letzten Tag vor der Parlamentswahl in Großbritannien sind die beiden Spitzenkandidaten der großen Parteien, Boris Johnson und Jeremy Corbyn, noch einmal kreuz und quer durchs Land gereist. Die Wahl könnte spannender werden als zuletzt gedacht, da eine groß angelegte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov einen kleineren Vorsprung der Tories auf Labour auswies.

Der britische Regierungschef überraschte Wähler in Leeds in der Grafschaft Yorkshire als Milchmann. Als er gerade Milch- und Saftflaschen in Kisten mit der Aufschrift „Get Brexit Done“ ("Vollzieht den Brexit") auflud, wurde er von einem Reporter gefragt, ob er nicht an einem Live-Interview teilnehmen wollte. Nach einem kleinen Wortwechsel zog es Johnson vor, in den großen Kühlschrank zu verschwinden. Johnsons Pressesprecher war fluchend live zu hören.

Für Labour-Chef Jeremy Corbyn war der Vorfall am Mittwoch ein gefundenes Fressen. „Ich bin nicht hierher gekommen, um Milch zu liefern oder mich in einem Kühlschrank zu verstecken“, sagte er bei einem Wahlkampfauftritt in Middlesbrough im Nordosten Englands. „Ich bin mit einer Botschaft der Hoffnung hierher gekommen.“

Ende November hatte eine YouGov-Erhebung noch eine Mehrheit von 68 Abgeordneten für die Konservativen ergeben. Nun gehen Wahlforscher nur noch von einem Vorsprung von 28 Mandaten für die Tories vor den anderen Parteien aus. Die Konservativen kämen demnach auf 339 von 650 Sitzen, wie die am Dienstagabend veröffentlichte Umfrage ergab. Labour hingegen verbesserte sich um 20 Sitze auf 231 Mandate.

Wahllokale von 8 Uhr bis 23 Uhr geöffnet

Die Wahllokale sind von 8 Uhr (MEZ) bis 23 Uhr (MEZ) geöffnet. Unmittelbar danach wird eine Prognose im Auftrag der Fernsehsender BBC, ITV und Sky News veröffentlicht. Bei vier von fünf Wahlen seit der Jahrtausendwende lagen die Prognosen grundsätzlich richtig.

Fraglich ist, wie hoch die Wahlbeteiligung sein wird. Für Donnerstag sagten die Meteorologen schlechtes Wetter in weiten Teilen des Landes voraus. Ob sich die Briten davon aber abhalten lassen werden, ist unklar. Wahlforscher John Curtice von der Universität Strathclyde in Glasgow warnte davor, aus der Wahlbeteiligung voreilige Schlüsse zu ziehen. Das Wahlregister sei kürzlich auf den neuesten Stand gebracht worden, viele Verstorbene wurden entfernt. Allein das werde dazu führen, dass die Wahlbeteiligung höher ausfallen werde.

Regierungschef Johnson hofft auf eine satte Mehrheit, um sein Brexit-Abkommen durch das Parlament zu bringen und sein Land zum 31. Jänner aus der Europäischen Union führen zu können.