In Hongkong ist es am Wochenende zu einigen der gewalttätigsten Zusammenstöße der vergangenen fünf Monate gekommen. Demonstranten schossen am Sonntag Pfeile auf Polizisten und warfen auch Molotow-Cocktails. Die Polizei setzte Wasserwerfer mit gefärbtem Wasser und Tränengas ein. Den Ordnungskräften zufolge wurde ein Polizist von einem Pfeil ins Bein getroffen und ins Krankenhaus gebracht.

Einer der Schwerpunkte war die Polytechnische Universität in der Finanzmetropole - die letzte der fünf Universitäten der Stadt, deren Campus noch besetzt ist. Augenzeugen zufolge wirkt die Universität wie eine Festung. Von den Dächern wurden die Pfeile abgefeuert. Die Polizei in der ehemaligen britischen Kronkolonie sprach von zunehmenden Ausschreitungen.

Freiheit

Die Demonstranten setzen sich für mehr Freiheit ein. Die Polizei gehe sehr gewaltsam vor, sagte ein 23-Jähriger zu Reuters. "Die Demonstranten haben nur auf die Polizei reagiert." Er sei bereit, für seine Überzeugungen ins Gefängnis zu gehen. Diejenigen, die Pfeile abfeuerten, würden sich nur selbst verteidigen. Ein anderer Student sagte: "Wir haben keine Angst." Wenn der Kampf nicht weitergehe, werde die Protestbewegung scheitern.

Der Bürgerrechtler Joshua Wong verteidigte indes den Einsatz von Gewalt durch die Demonstranten in Hongkong. "Mit rein friedlichem Protest werden wir unser Ziel nicht erreichen", sagte Wong der "Süddeutschen Zeitung". "Allein mit Gewalt allerdings auch nicht. Wir brauchen beides." Das gewaltsame Vorgehen der Polizei stoße auf immer mehr Widerstand in der Hongkonger Bevölkerung. "Erst hat die Polizei nur Demonstranten verhaftet, dann Ersthelfer, Pastoren und nun Zivilisten. Über 4000 Menschen wurden inzwischen festgenommen. Das stärkt das Verständnis der Bevölkerung für die Proteste", meinte Wong.

Ein erster Einsatz chinesischer Soldaten bei den Protesten in Hongkong löste bei Regierungsgegnern scharfe Kritik aus. Auf einem Video des Lokalsenders RTHK war zu sehen, wie Männer der Volksbefreiungsarmee am Samstag unbewaffnet in kurzen Hosen und T-Shirts Steine und andere Objekte von der Straße in der Nähe der zuvor von Demonstranten besetzten Hong Kong Baptist University räumten. Auch zeigten Videos, wie die Soldaten mit roten Kübeln in der Hand in Reih und Glied durch die Straßen joggten. Dutzende Soldaten beteiligten sich an den Aufräumarbeiten.

Der ungewöhnliche Einsatz fand große Beachtung, weil es unter einigen Hongkongern seit Monaten Befürchtungen gibt, dass China sein Militär nutzen könnte, um die Proteste in der Stadt niederzuschlagen. Nach monatelangen Demonstrationen hatte Chinas kommunistische Führung zuletzt zwar angedeutet, den Griff zu verstärken. Eine militärische Niederschlagung der Proteste halten die meisten Beobachter dennoch für unwahrscheinlich, weil China dafür international geächtet würde. Stattdessen sollen Hongkongs Regierung und die Polizei aus Sicht Pekings für Ordnung sorgen.

Machtdemonstration

Mehr als 10.000 Soldaten der Volksbefreiungsarmee sind seit der Rückgabe der britischen Kronkolonie 1997 an China in Hongkong stationiert. Nach unbestätigten Berichten soll die Truppenstärke heimlich aufgestockt worden sein.

Seit Juni demonstrieren immer wieder Zehntausende Menschen für Demokratie und gegen die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone, der sie zu große Nähe zur Führung in Peking vorwerfen. Die anfangs friedlichen Proteste arten immer mehr in Gewalt aus - auf beiden Seiten.

Zwei bei den Protesten in Hongkong festgenommene deutsche Studenten sind wieder frei. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wurden sie am Samstag wieder auf freien Fuß gesetzt. Auch die "South China Morning Post" berichtete über die Freilassung.

Die beiden 22 Jahre alten Austauschstudenten der Lingnan Universität waren demnach am Freitag wegen der Teilnahme an einer "illegalen Versammlung" festgenommen worden, nachdem sie in einer Gruppe von 50 etwa Studenten weggelaufen waren. Einer der Studenten soll demnach auch gegen das Vermummungsverbot verstoßen haben.